Entgeltordnungen der Berliner Flughäfen differenzierter und ökologischer gestalten

Kristian Ronneburg
VerkehrKristian Ronneburg

43. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 6. Juni 2019

Kristian Ronneburg (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag, die Entgeltordnung der Berliner Flughäfen ökologischer und differenzierter zu gestalten, wollen wir weitere Anreize setzen, verspätete Starts und Landungen, wie bereits ausgeführt wurde, zu vermeiden und Luft- und Lärmemissionen zu reduzieren. Ich möchte aber betonen, das kann nur einer von weiteren Schritten sein, denn der Flugverkehr kann und darf doch kein Markt sein, wo man auf Kosten der Anwohnerinnen und Anwohner und des Klimas nach der Devise „Wachstum, Wachstum, Wachstum, koste es, was es wolle“ agieren kann, wie man es eben gerade heute auch wieder von der rechten Bank hier im Haus gehört hat.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN –
Beifall von Andreas Kugler (SPD)]

Denn der Luftverkehr ist durch Treibhausgas-, Schadstoff- und Lärmemissionen mit erheblichen Umwelt- und Gesundheitsbelastungen verbunden. Zehntausende Menschen leiden in Deutschland unter extremen gesundheitsschädlichen Lärmbelastungen in der Nähe von Flughäfen. Repräsentative Umfragen zeigen, dass nach dem Straßenverkehr gleich auf Platz 2 der Fluglärm kommt, von dem sich die meisten Bürgerinnen und Bürger belästigt fühlen. Wir sehen ja, wenn es nach der Opposition ginge, würden in Berlin noch viel mehr Menschen mit Tegel und dem BER dem Fluglärm ausgesetzt werden. Die Emissionen von Flugzeugen sind ein absolutes Problem für die Umwelt und unsere Gesundheit. Der BUND kommt zu der Erkenntnis: Der CO2-Ausstoß pro Person und Kilometer liegt durchschnittlich bei 207 Gramm, 20 mal so viel wie bei Bahnfernzügen und doppelt so viel wie beim Auto. Das sollte auch der Opposition zu denken geben.

An dieser Stelle, das wurde heute bereits erwähnt: Die Rolle der Bundesregierung ist sehr unrühmlich, wenn man sie mal genauer betrachtet, denn bisher lehnt auch sie jegliche Änderung des Luftverkehrsgesetzes und die Umsetzung wirksamer Maßnahmen ab. Das ist wirklich ein Armutszeugnis einer klimapolitisch total versagenden Bundesregierung.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN]

Wir brauchen also im Ergebnis nicht mehr, sondern weniger Luftverkehr, und da müssen wir uns als Berliner Koalition erst mal an die eigene Nase fassen und die entscheidenden Schritte gehen.  Dabei brauchen wir einerseits regulierende Instrumente, um im bestehenden Rahmen eben die Anreize zu setzen, dass leiser geflogen wird, dass emissionsärmere Flugzeuge eingesetzt, dass die Flugzeuge besser ausgelastet, dass Langstreckenflüge nur begrenzt gefördert werden, nicht aber auch noch zusätzlich innerdeutsche Verbindungen oder innereuropäische Flüge und vor allem, dass auch anders geplant wird, dass eben verspätete Starts und Landungen in den Randnachtzeiten möglichst vermieden werden. Wir befinden uns in guter Gesellschaft, das wurde heute in der Diskussion schon einmal erläutert, denn es ist eine durchaus übliche Praxis, die wir Ihnen hier auch vorschlagen. Erst kürzlich ist zum Beispiel in Stuttgart eine neue Gebührenordnung erlassen worden. Wir können beispielsweise auch Hamburg nehmen, das ich als interessante Anmerkung noch einmal vorbringen möchte. Die Hansestadt hatte im letzten Jahr von einer Airline, die in 21 Fällen trotz Nachtflugverbots erst nach 23.00 Uhr abhob und damit Kosten sparen wollte, etwa eine halbe Million Euro erhoben. Es war übrigens dieselbe Fluggesellschaft, die in Tegel 2018 für die meisten verspäteten Flugbewegungen verantwortlich war.

In dem Zusammenhang möchte ich noch ein Wort zu Tegel sagen: Es wurde erwähnt, es gab 2014 eine Million Tonnen CO2-Ausstoß. Für die weiteren klimatischen Belastungen stehen auch die Angaben im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm. Meine Kollegen Harald Wolf und Carsten Schatz hatten dazu im letzten Jahr auch eine Anfrage gestellt. Allein in Tegel gab es im Jahr 2017 zwischen 23.00 Uhr und 5.59 Uhr 1 792 Flugbewegungen. Das ist eine deutliche Steigerung gerade in den Monaten von Mai bis August. Was wurde dagegen getan? Welche Strafen wurden erhoben, was hat man dagegen unternommen? Die Antwort war bemerkenswert: In den letzten zehn Jahren gab es laut Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zwei Fälle wegen eines Verstoßes gegen das Luftverkehrsgesetz. Ein Verfahren wurde eingestellt, da gab es eine schriftliche Verwarnung, und das zweite Verfahren war zum Zeitpunkt der Anfrage noch im Gange. Es ist alles sehr überschaubar. Das ist eine Situation, der wir unbedingt auch begegnen müssen. Wir möchten eben eine Entgeltordnung nun so anpassen, dass Verspätungen deutlich teurer werden, das heißt also auch nach unseren Vorstellungen, ein zeitlich gestaffelter Aufpreis auf das Start- und Landegeld. Für genehmigte, verspätete Flüge außerhalb der regulären Zeiten soll es auch einen Aufschlag geben und für Ausnahmegenehmigungen auch eine Erhebung von Gebühren.

Was ich allerdings für meine Fraktion hier auch noch einmal feststellen will, ist: Wir wollen auch, dass die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zur Sicherstellung regelmäßiger Lärmpausen von sieben Stunden am neuen Flughafen BER umgesetzt werden und hierfür als erster Schritt die nächtliche Betriebseinschränkung am BER von 5.00 Uhr auf 6.00 Uhr verlängert wird.

An der Stelle möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass wir, was den Luftverkehr angeht, natürlich auch die Alternativen brauchen. Es wurde hier auch gerade sehr wohlfeil erklärt, man wolle doch für mehr Verbindungen auf der Schiene sorgen. Gerade die CDU hatte das betont. Ich sage in Richtung der CDU: Machen Sie endlich einmal ernst mit einer wirklich bahnfördernden Politik. Versuchen Sie endlich einmal, den Einfluss, den Sie vermeintlich haben, auf ihren Verkehrsminister auch auszuüben, damit er endlich die Mehrwertsteuer auf Bahntickets reduziert, damit tatsächlich auch eine Harmonisierung und auch eine Förderung der Bedingungen für den Fernverkehr auf Bahnstrecken stattfindet, damit eben tatsächlich Anreize gesetzt werden, damit die Leute auch umsteigen können und eben nicht den Flieger benutzen, gerade auf den Inlandsstrecken, sondern eben auch ein attraktives Angebot auf der Bahn haben. Es gibt also viel Gesprächsstoff für unsere Ausschussbehandlung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und
den GRÜNEN]

Kontakt

Kristian Ronneburg