Finanzielle Situation der Flughafengesellschaft

VerkehrCarsten Schatz

63. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 17. September 2020

Zu "Ist der BER mit Eröffnung insolvent? Volle Transparenz zu Liquidität und Finanzplanung der Flughafengesellschaft!" (Priorität der Fraktion der CDU)

Carsten Schatz (LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Gräff! Dieser Versuch einer Teflonrede war schon ziemlich absurd. Ich erinnere, und Kollege Stroedter hat es auch getan: Von 2011 bis 2016 saß auch der Senator, nicht nur Staatssekretär, Henkel im BER-Aufsichtsrat, und wir haben im Untersuchungsausschuss gelernt: Er war nicht so häufig da und konnte sich auch nicht erinnern, dass da Alkohol ausgeschenkt wurde. Vielleicht lag es daran, dass er da dann doch auch mal ein bisschen zu viel zugegriffen hatte.

Ich erinnere natürlich auch gerne an den Möchtegernaufsichtsratsvorsitzenden Heilmann. Diese Rede, die Sie hier gerade gehalten haben, fällt auf Sie zurück. Ich finde, das geht so nicht. Das ist keine verantwortliche Politik. Damit machen Sie nicht deutlich, dass Sie in dieser Stadt regierungsfähig sind.

Zu Ihrem Antrag: Sie sprechen in der Begründung in einem Satz die unklare finanzielle Situation der Flughafengesellschaft an. Ich weiß nicht, was an der finanziellen Situation der Flughafengesellschaft unklar ist. Wir alle wissen: Gesamtkosten über 6 Milliarden Euro. Wir alle wissen: Die Aufsichtsgremien und die Gesellschafter der Flughafengesellschaft haben 2009 und 2016 Kreditentscheidungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro – Mittel vom Kreditmarkt – plus einem Gesellschafterdarlehen von über 1 Milliarde Euro mitgetragen. Wer also die Flughafengesellschaft sozusagen gewollt in die Verschuldung treibt und in der jetzigen Situation, wo die Umsätze der Flughafengesellschaft coronabedingt um 90 Prozent eingebrochen sind, so tut, als wenn das Problem vom Himmel gefallen wäre, der lebt nicht in dieser Stadt, und der macht auch keine verantwortliche Politik. Auch das fällt auf Sie zurück, und das spricht auch nicht dafür, dass Sie regierungsfähig sind.

Wenn Sie von Haushaltsrisiken reden, ja, dann stelle ich gerne mal die Frage zurück: Was passiert denn, wenn Verbindlichkeiten nicht bedient werden, zumal wenn die Kredite durch die Gesellschafterin garantiert, also verbürgt sind? – Dann werden die sofort fällig. Was sind denn das für Haushaltsrisiken!

Und dann werfen Sie auch noch Zahlen durcheinander, und das finde ich dann schon ziemlich peinlich. Einmal reden Sie von 100 Millionen Euro, dann von 300 Millionen Euro. Ich erkläre es Ihnen gerne: Der Gesamtfinanzbedarf in diesem Jahr beträgt durch die weggebrochenen Umsätze 300 Millionen Euro; das wissen wir seit März. Das ist nichts Neues. Wir haben im ersten Nachtragshaushalt 100 Millionen Euro eingestellt, damit wir unseren Anteil daran tragen können. Das erklärt die beiden Summen. Die kann man nicht zusammenrechnen; die 100 Millionen Euro sind Teil der 300 Millionen Euro.

Lassen Sie mich auch noch mal deutlich sagen, weil es nicht im Antrag steht, Sie es aber in Ihrer Rede wieder angesprochen haben: Einer Privatisierung und sei es nur einer Teilprivatisierung dieser Flughafengesellschaft will ich für Die Linke eine deutliche Absage erteilen. Das ist die alte Methode – die Verluste sozialisieren und die Gewinne privatisieren.

Das werden wir nicht mitmachen und deswegen ein klares Stoppzeichen an dieser Stelle.

Dann fordern Sie in Ihrem Antrag, und das finde ich auch ziemlich absurd, einen externen Wirtschaftsprüfer. Wirklich jetzt? Einen externen Wirtschaftsprüfer?

Nach der Corporate Governance der Berliner Beteiligung muss die Wirtschaftsprüfung alle zehn Jahre gewechselt werden. Erst 2017 ist die Wirtschaftsprüfung bei der Flughafengesellschaft zu Ernst & Young gewechselt. Finden Sie, Ernst & Young ist nicht unabhängig? – Ich finde schon.

Wenn Sie aber schon meinen, sie wäre nicht unabhängig, will ich Ihnen gerne noch einen weiteren Grund nennen, weshalb ich das ziemlich absurd finde. Die Flughafengesellschaft und namentlich der Vorsitzende der Geschäftsführung Lütke Daldrup wurde wegen Bilanzierungsverstößen angezeigt, und es gab staatsanwaltschaftliche Vorermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Cottbus. Am 31.07.2020 wurde entschieden, dass keine Ermittlungen aufgenommen werden, weil keine Verdachtsmomente vorliegen. Nun, glaube ich, gibt es nichts Unabhängigeres als die Staatsanwaltschaft.

Und wenn die das so festgestellt hat, dann frage ich mich: Wo ist die Rechtsstaatspartei CDU und ihr Verständnis von Rechtsstaatlichkeit?

Um ein weiteres Argument noch einmal starkzumachen: Wenn es nach dieser Seite des Hauses gegangen wäre, würden auf dem Schuldenberg der Flughafengesellschaft mindestens noch mal 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro oben draufliegen, die wir für die Offenhaltung von Tegel auch noch mal hätten draufpacken müssen.

Auch dazu haben Sie hier keine Antwort gegeben, deshalb sind Ihre Ausführungen nicht glaubwürdig. – Vielen Dank!