Umstiegsbedingungen für Pendler*innen auf den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr verbessern

Kristian Ronneburg
VerkehrKristian Ronneburg

37. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 21. Februar 2019

Kristian Ronneburg (LINKE):

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bewältigung der Pendlerverkehre zwischen Berlin und Brandenburg ist ein Dauerbrenner in der öffentlichen Debatte wie auch hier im Plenum. Mit Stand vom Juni 2017 pendelten regelmäßig etwa 277 000 Menschen nach Berlin, davon etwa 210 000 aus Brandenburg. Aus Berlin pendelten regelmäßig etwa 166 000 Menschen, davon etwa die Hälfte nach Brandenburg. Laut aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2018 ist die Zahl der Berlinpendler seit 2013 auf 321 000 Men­schen gestiegen, und mit Stand Juni 2018 sind es in etwa 215 000 Pendler aus Brandenburg.

Genaue Zahlen zur Wahl der Verkehrsmittel der Pendler liegen nicht vor. Offensichtlich nutzen aber viele den privaten Pkw, weil das öffentliche Verkehrsangebot im ländlichen Raum Brandenburgs nicht in der Dichte vorhanden ist. Auch die aktuellsten statistischen Daten zur Stauentwicklung in den Großstädten sind sehr eindrücklich. Nirgendwo sonst verlieren Autofahrerinnen und Autofahrer mehr Zeit als in Berlin. Sie standen im letzten Jahr etwa 154 Stunden im Stau. Die Straßen sind also voll. Der Zeitverlust ist eklatant, die Menschen sind davon frustriert, und wir müssen dringend umsteuern.

Unser vorrangiges Ziel dabei ist eine vernünftige Angebotspolitik, und das erreichen wir vor allem über den Ausbau des ÖPNV und des Schienenpersonennahverkehrs. Da haben wir gemeinsam mit der rot-roten Landesregierung in Brandenburg bereits einiges auf den Weg gebracht. Maßnahmen wie das gemeinsame Investitionsprogramm „i2030“ zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur werden von allen Seiten begrüßt, auch von der Opposition. „i2030“ ist wirklich ein Meilenstein der in der gemeinsamen Planung unserer Metropolenregion. Erstmals sitzen Berlin, Brandenburg, die Deutsche Bahn und der VBB zusammen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mehr Züge fahren können. Gemeinsam haben wir einen entscheidenden Fehler der Vergangenheit korrigiert, dessen Folgen uns heute noch viele Probleme bereiten, und zwar das Fehlen von Planungen, solange eine Finanzierung für die Umsetzung nicht in Aussicht war. Viele längst überfällige Projekte wurden auf Halde geschoben, und jetzt gehen wir das entschlossen an. Es freut uns sehr, dass wir mit dem „i2030“-Projekt „Heidekrautbahn“ bereits das erste Projekt haben, für das eine Planungsvereinbarung geschlossen werden konnte. Daher vielen Dank an Senatorin Günther und die Senatsverwaltungen, die sich sehr dafür eingesetzt haben.

Weitere Unterschriften unter solche Vereinbarungen – es gibt noch sechs weitere Korridore und das Maßnahmenbündel zur S-Bahn – werden hoffentlich bald folgen. Die Siemensbahn ist hinzugekommen, und eine weitere gute Nachricht ist die Neuvergabe des Netzes „Elbe-Spree“. Die Kapazitäten im Netz werden erhöht. Es werden längere Züge fahren. Es wird eine dichtere Taktung geben. Ab 2022 sollen 5 Millionen Zugkilometer mehr gefahren werden. Das sind Erfolgsnachrichten.

Als Koalition werden wir auch andere Projekte weiter vorantreiben, um den Umstieg vom Auto auf die Schiene zu fördern. Die Untersuchungen für die Abschnitte der Schienen-TVO werden wir weiter vorantreiben, um den Verkehr im Osten Berlins zu verbessern. Für die Linksfraktion kann ich sagen, dass wir gemeinsam mit den Koalitionspartnern beraten werden, wie wir den Infrastrukturausbau, die Zweigleisigkeit und Elektrifizierung der Ostbahn gemeinsam weiter vorantreiben können. Es ist wirklich eine Schande, dass der Bund dem Vorschlag von Berlin und Brandenburg nicht gefolgt ist. Er hat die Ostbahn in den Bundesverkehrswegeplan nicht aufgenommen. Da müssen wir weiter Druck machen.

Wir als Koalition schlagen nun mit unserem vorliegenden Antrag Eckpunkte für die Erarbeitung eines umfassenden Pendlerverkehrskonzeptes unter Beteiligung aller maßgeblichen Akteure vor. Wir wollen einen klaren Zeit- und Finanzierungsplan haben, und es ist klar: Die inhaltliche Richtschnur ist die Förderung des Umstiegs vom Auto in die öffentlichen Verkehrsmittel. Unser Fokus liegt darauf, die länderübergreifenden Planungsinstrumente und -gre­mien kritisch zu überprüfen. Wir müssen sie für eine integrierte Verkehrsplanung zwischen den Ländern und ihren jeweiligen Verwaltungseinheiten fit machen, ausbauen und schlagkräftiger machen. Die Berliner Außenbezirke gehören unbedingt mit an den Tisch und müssen einbezogen werden.

Ein Schwerpunkt wird dabei sein, wie wir die Zubringerverkehre organisieren, damit Pendler eben nicht auf das Auto angewiesen sein müssen, wenn sie in die Stadt oder heraus fahren. Da brauchen wir eine Verbesserung der Busanbindungen, und es gibt bereits sehr viele positive Entwicklungen bei der Förderung dieser neuen Zubringerverkehre, wie erst jüngst in Hoppegarten-Neuenhagen und Fredersdorf-Vogelsdorf, wo ein zusätzliches Busangebot zur Verbesserung des Anschlusses an die S 5 finanziert werden konnte. Das ist sehr positiv, aber wir als Berliner dürfen die Gemeinden und Landkreise in Brandenburg nicht allein lassen. Wir schlagen als Koalition vor, dass wir zur Angebotsverbesserung auch neue Finanzierungslösungen mit Brandenburg und den Landkreisen entwickeln.

Weiterhin müssen wir Anreize für den Umstieg schaffen, was das Tarifsystem angeht. In diesem Jahr werden wir ein neues verbundweit gültiges Azubiticket zu einem guten Preis anbieten können, und auch mit dem neuen Firmenticket für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden wir einen ordentlichen Preisvorteil gewähren können. Diese Maßnahmen müssen nun alle nacheinander auch ineinandergreifen, und ich bin mir sehr sicher, dass wir am Ende der Legislaturperiode sicherlich noch nicht alle Probleme gelöst haben werden, aber bereits viele Dinge auf den Weg gebracht haben werden, die nicht vor allzu langer Zeit noch völlig illusorisch erschienen. Das gehört zur Wahrheit dazu. – Vielen Dank!

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