Vergabegesetz: öffentliches Geld nur für "gute Arbeit" ausgeben

36. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 24. Januar 2019

Harald Gindra (LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt quasi eine vorgezogene Debatte um das Vergaberecht im Lande Berlin, denn der CDU ist auch bekannt, dass sich der Referentenentwurf bereits in der Verbändeanhörung befindet und wir also die große Debatte noch in diesem Jahr haben werden.

Herr Gräff! Sie haben mich sehr enttäuscht, als Sie in Ihrer gespielten Naivität gesagt haben, wir sollten doch erstens vor allen Dingen an kleine und mittlere Betriebe denken und zweitens das gesamte Vergaberecht so umstellen, dass wir erst einmal allen vertrauen, die uns etwas anbieten. Ich habe gedacht, Sie kennen sich im Baugewerbe aus und wissen, welche Zustände dort zum Teil herrschen. Dort herrscht mit Sub- und Sub-sub-sub-Subunternehmen-Verträgen manchmal Wildwest. Und es ist dazu auch genug in der Presse gewesen. Also, wenn Sie von Schutz der kleinen und mittleren Unternehmen reden, sollten Sie lieber mit der Fachgemeinschaft Bau reden, warum sie ein Weißbuch über Betriebe führt, die sich an bestimmte Sozialstandards halten, und warum sie auch beanspruchen, dass diese in Berlin bevorzugt behandelt werden. Das sollten Sie dann mal beherzigen und sollten von den stärkeren Kontrollen der Ansprüche, die wir stellen, ausgehen.

Da wir die große Debatte haben, muss ich mich konzentrieren. Ich finde es skandalös, dass jetzt schon die Bestandsmieten und der Schutz gegen Spekulationen für Sie kein Thema waren, aber ich finde es auch skandalös, wie Sie mit den arbeitenden Menschen in diesem Land umgehen.

Die Koalition hat sich in den Koalitionsvereinbarungen vorgenommen, dass öffentliches Geld nur für „Gute Arbeit“ verausgabt wird. Und ich habe den Anspruch, dass man von einer Vollzeitarbeit auskömmlich leben können sollte.

Das wollen wir mit dem Vergabegesetz verwirklichen. Es ist klar, dass es dort auch Vereinfachungen geben muss. Dazu werden wir später, in der Beratung des Vergabegesetzes, kommen. Aber gelten muss, dass dieser Mindestlohn, der auf Bundesebene skandalös bei 9,19 Euro liegt, erheblich angehoben wird, und wir werden bei dieser Runde das Vergabegesetz schon durchsetzen und dass tarifliche Bezahlung gestärkt wird, dass die Tariftreue ein wichtiges Kriterium bei der Vergabe von Aufträgen des Landes Berlin ist.

Dass für Sie das keine Rolle spielt, dass Sie weiterhin vertreten, dass man mit 9,19 Euro bei einem seit 2008 verdoppelten Mietmarkt – also einer besonderen Belastung für arbeitende Menschen – auskommen muss, ist mir völlig unverständlich. Die Koalition redet eher von einem Vergabemindestlohn, der weit über 11 Euro liegen müsste, eigentlich – um Altersarmut zu vermeiden – bei 12,63 Euro. – Damit schließe ich hier. Wir werden es ja dieses Jahr noch einmal haben.

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