Haushalt für Berlin 2022/2023: Gemeinsam für Teilhabe und gleiche Lebenschancen

, , Anne Helm

Wir wollen allen, die in Berlin leben, gleiche Lebenschancen und Teilhabe bieten. Mit dem nun ausverhandelten Haushalt für die Jahre 2022/2023 wollen wir diesen Grundsatz in konkrete Politik umsetzen.

Aufgrund der positiven Steuerschätzung konnten die rot-grün-roten Koalitionsfraktionen den ursprünglichen Entwurf des Senats noch einmal deutlich aufstocken. Hier lesen Sie, wofür wir uns als Linksfraktion bei den Haushaltsberatungen schwerpunktmäßig eingesetzt haben und was im Vergleich zum Entwurf des Senats von den rot-grün-roten Koalitionsfraktionen verändert wurde. Insgesamt hat der Haushalt nun ein Volumen von 38,7 Milliarden Euro im Jahr 2022 und 37,9 Milliarden Euro in Jahr 2023. Der Haushalt wurde auf der Plenarsitzung am 23. Juni vom Abgeordnetenhaus beschlossen.

 

Energiearmut bekämpfen, Wohnungslosigkeit verhindern

Wir wollen die Bedingungen für alle Menschen in der Stadt verbessern und nehmen dabei vor allem die Menschen in den Blick, die wenig Geld und keine große Lobby hinter sich haben.

  • Die drastisch gestiegenen Preise für Energie, Lebensmittel und vieles andere infolge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges in der Ukraine treffen Menschen mit geringen Einkommen besonders hart. Wir wollen die drohende Armutsspirale stoppen. Die Bekämpfung der Energiearmut ist deshalb unsere Priorität bei der Aufstellung des Haushaltes. Mit der neuen Rücklage „Energiekostensteigerung“ wollen wir die Mehrkosten im öffentlichen und privaten Bereich abfedern. Sie umfasst für beide Jahre 380 Mio. Euro. Darin enthalten sein wird unter anderem ein Härtefallfonds gegen Energiearmut, der sich an Haushalte mit geringem Einkommen richtet. Zudem wird die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale, durch die bereits in den vergangen Jahren viele Strom- und Gassperren abgewendet werden konnten, verstetigt.
  • Wohnungslosigkeit zu verhindern, ist ein weiteres Ziel. Deshalb haben wir für die bessere Ausstattung des Programms "Housing first" zusätzliche Mittel in Höhe von 3 Mio. Euro in den Haushalt eingestellt, insgesamt 6,1 Mio. stehen nun dafür bereit. Mit weiteren 20 Mio. Euro wird ein Förderprogramm für die Schaffung von Wohnungen für Wohnungslose und den Umbau von Unterkünften zu Wohnungen aufgelegt. Dieses Programm richtet sich vorwiegend an soziale Träger.
  • Damit Armut gar nicht erst entsteht, wird Berlin den Landesmindestlohnund den Vergabemindestlohn auf 13 Euro erhöhen. Diese gelten für Angestellte des Landes; der Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, bei Einrichtungen, die Zuwendungen vom Land bekommen und bei Firmen, die Aufträge des Landes ausführen. Um „Gute Arbeit“ bei Vergaben im Land Berlin durchzusetzen und die Einhaltung der Vorgaben des Vergabegesetzes zu gewährleisten, haben wir die zuständige zentrale Kontrollgruppe personell aufgestockt und gestärkt.
  • In den Haushaltsberatungen haben wir zudem erreicht, dass für die Ausbildungsförderung 3,5 Mio. Euromehr als geplant bereitstehen und5 Mio. Eurozusätzlich eingestellt werden, um Tarifbindungen umzusetzen.
 
Ankommen und Teilhabe – Wir alle sind Berliner:innen

Wir wollen, dass Geflüchtete in unserer Stadt ein selbstbestimmtes Leben führen und von Anfang an am gesellschaftlichen Leben teilhaben können – das gilt für alle Geflüchteten gleichermaßen. Die Herausforderungen für Berlin durch den Krieg in der Ukraine sind dabei groß; wir werden diese solidarisch als gesamte Koalition angehen. Um die Geflüchteten in Empfang zu nehmen, zu versorgen und unterzubringen und die Lebensbedingungen der Geflüchteten in unserer Stadt zu verbessern, stehen im Haushalt 650 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung. Auch (Rechts-)Beratungsangebote für Geflüchtete werden gestärkt.

 
Für ein gerechtes und zukunftsfähiges Bildungssystem
  • Bildung ist ein zentraler Schlüssel, um soziale Ungleichheiten zu beseitigen. Neue Schul- und Kitaplätze zu schaffen, ist die Grundlage dafür. Wir haben die Fortsetzung der Berliner Schulbauoffensive gesichert, um adäquat auf die Schulplatzentwicklung reagieren zu können. Für den KITA-Ausbau werden zusätzlich 15 Mio. Euro im Haushalt zur Verfügung gestellt.
  • Nachdem wir 2019 Bedarfsprüfung und Gebühren für den Schulhort in der ersten und zweiten Klasse abgeschafft haben, weiten wir die Gebührenfreiheit für die ergänzende Förderung und Betreuung nun auf die dritte Klasse aus.
  • Neben ausreichend Lehrkräften an den Schulen braucht es multiprofessionelle Teams aus Schulpsycholog:innen und Schulsozialarbeiter:innen, die die Arbeit der Lehrkräfte begleiten, unterstützen und ergänzen. Deshalb stärken wir die Lehrkräfteausbildung ab 2023 mit 17 Mio. Euro mehr pro Jahr.Sowie denAusbau der multiprofessionellen Arbeit an den Schulen mit über 3 Mio. Euro zusätzlich pro Jahr. Die Mittel für die Umsetzung der bezirklichen Modellprojekte zur Kommunalisierung der Schulreinigung sindgesichert.
  • Auch die Hochschulbildung wird weiter gestärkt. Die Hochschulverträge wachsen auch zukünftig um jährlich 3,5 Prozent. Das sind in 2022 und 2023 zusammen über 110 Mio. Euro mehr für die Berliner Hochschulen. Außerdem konnten wir die Open-Access und Open-Science-Strukturen an den Hochschulen stärken. Wissen muss frei zugänglich sein, vor allem, wenn es mit Steuergeldern bezahlt wird.
 
Stadt sozial und partizipativ entwickeln
  • Um soziale und öffentliche Infrastruktur zu schaffen, brauchen wir zu allererst ausreichend Flächen in öffentlicher Hand. Das Grundstückankaufprogramm wird deshalb so ausgestattet, dass der Ankauf von Grundstücken im Wert von 100 Mio. pro Jahr finanziert werden kann.
  • Stadtentwicklung von unten: Der Aufbau der Anlaufstellen für Beteiligung der Bürger:innen bei Bauvorhaben in den Bezirken wird ausfinanziert und abgeschlossen. Zivilgesellschaftliche Akteur:innen wie das Initiativenforum und die Freiwilligenarbeit in Großwohnsiedlungen werden gestärkt.
  • Der Kampf gegen hohe Mieten und Verdrängung wird gestärkt. Unter anderem gibt es Mittel für die Einführung eines Miet- und Wohnungskatasters, einer Taskforce zur Unterstützung bedrohter Räume, die Weiterführung der kostenlosen Mieter:innen-Beratung und eine Ombudsstelle für Konflikte bei den Landeseigenen Wohnungsunternehmen. Der Bau von Sozialwohnungen wird zukünftig mit bis zu 740 Mio. Euro gefördert.
  • Die Berliner Ufer sollen grundsätzlich öffentlich zugänglich sein und so naturnah wie möglich gestaltet werden, dafür wird ein Konzept erstellt.

 

Klima schützen
  • Um den Klimawandel zu beschränken, brauchen wir die ökologische Energie- und Verkehrswende. Bei den erneuerbaren Energien wollen wir das Potenzial der Solarenergie in Berlin ausschöpfen. Wir werden unter anderem die Beratung durch das Solarzentrum ausbauen, das Solarhandwerk dabei unterstützen, den Fachkräftemangel zu beheben und die Installation von Solaranlagen auf privaten und landeseigenen Gebäuden mit über 12 Millionen Euro fördern.
  • Auch die Förderprogramme zur energetischen Modernisierung von Wohngebäuden werden noch einmal verstärkt.
  • Um den Folgen des Klimawandels besser gerecht zu werden, haben wir die Mittel für die Berliner Wälder und die Stadtbäume weiter erhöht; unter anderem für den Forstschutz, für die Beseitigung von Schäden durch Extremwetterereignisse und für einen lebendigen Mischwald.
  • Der Umstieg auf Elektromobilität geht nur mit entsprechender Ladeinfrastruktur. Deswegen bringen wir den Ausbau der Ladesäulen in der Stadt durch das Stadtwerk voran und fördern zudem wirtschaftsnahe Elektromobilität.

 

Mobil in der ganzen Stadt
  • Die Straßenbahn ist Elektromobilität für alle, wir erhöhen im Haushalt deshalb nochmal die Mittel für die Straßenbahnplanung um fast 6 Mio. Euro. Damit auch Busse schnell voran kommen wird auch das Geld für Busstreifen und für Vorrangschaltungen bei Ampeln nochmal erhöht.
  • Wir stehen dafür ein, dass die Menschen in der ganzen Stadt mobil sein können. Deshalb haben wir uns in den Haushaltsberatungen dafür eingesetzt, den Verkehr in den Außenbezirken zu verbessern. (u.a. mit dem Verkehrskonzept Süd-Ost, Verkehrsuntersuchungen Nord-Ost, Kleinbus Blankenburg, Seilbahn-Integration.)
  • Mobilität muss nicht nur überall in der Stadt, sondern auch für alle Menschen gewährleistet werden. Barrierefreiheit ist deshalb ein weiterer Schwerpunkt für den wir Geld aufgestockt haben: dazu gehören mehr barrierefreie öffentliche Toiletten, ein Mobilitätskonzept für Menschen mit Behinderungen und der VBB-Begleitservice für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.
 
Die Bezirke unterstützen

Die Bezirke sind für das Funktionieren der Stadt von zentraler Bedeutung. Das hat sich insbesondere während der Coronapandemie gezeigt, wo die Menschen auf wohnortnahe öffentliche Angebote und Dienstleistungen besonders angewiesen waren. Einsparungen bei den Bezirken haben wir verhindert und zusätzliche 110 Mio. Euro für die Bezirke eingeplant.

 
Soziale, kulturelle und sportliche Infrastruktur schützen und ausbauen
  • Wir stärken Stadtteilzentren, Senior:innen- und Nachbarschaftstreffs weiter, denn diese sind Orte der Begegnung und des Zusammensein für viele Menschen in unserer Stadt. 
  • Mit einem landesweiten Beteiligungshaushalt, der 2023 starten soll, unterstützen wir das Engagement und die Beteiligung der Bürger:innen, indem sie in die Planung öffentlicher Ausgaben einbezogen werden. 
  • Auch kulturelle Teilhabe muss chancengleich und unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Wohnort, Behinderungen und sozialem Status für alle Berliner:innen gewährleistet sein, das ist unser Anspruch. Für kulturelle Teilhabe haben wir deshalb zusätzlich 12 Mio. Euro eingeplant.
  • Kultur-, Arbeits- und Begegnungsräume sind einem massiven Verwertungsdruck des Immobilienmarktes ausgesetzt, sie zu sichern ist Ziel unserer Politik. Allein um Ateliers und Arbeitsräume für Künstler:innen zu sichern und auszubauen, stehen jetzt insgesamt 49 Mio. Euro zur Verfügung.
  • Der Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit und anderer Formen der Diskriminierung wird mit 9 Mio. Euro mehr als geplant, weiter gestärkt. Dafür stehen jetzt fast 42 Mio. Euro zur Verfügung.
  • Um die Einbürgerungszahlen zu steigern, den Einbürgerungsprozess effizienter zu machen und mehr Teilhabe für Menschen mit Migrationsgeschichte zu ermöglichen, wird ein zentrales Landeseinbürgerungszentrum eingerichtet.
  • Die Berliner Frauenprojekte werden in ihrer Gänze weiter finanziert, Kürzungen konnten abgewendet werden. Auch Schutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen werden weiter ausgebaut; ein achtes Frauenhaus befindet sich in der baulichen Endphase, ein neuntes wird bereits konzipiert.
  • Um die Schwimmbäder weiter zu modernisieren, bekommen die Berliner-Bäder-Betriebe insgesamt fast 55 Mio. Euro. Zur weiteren Förderung des inklusiven Sports wurden die special olympics ausfinanziert.
 
Öffentliche Gesundheitsvorsorge sichern

Die zentralen Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge dürfen nicht der Marktlogik ausgesetzt werden. Die Coronakrise hat erneut gezeigt, wie wichtig ein starkes öffentliche Gesundheitswesen insbesondere für Menschen mit wenig Geld ist. Zur weiteren Stärkung der Investitionsfähigkeit der Berliner Krankenhäuser werden wir, neben einer Erhöhung der zugewiesenen Investitionsmittel von zusätzlich 28 Mio. Euro, weiterhin den Weg der Finanzierung durch Kreditaufnahmen der Krankenhäuser gehen, deren Belastungen vom Land getragen werden. (2022: 93 Mio. Euro, 2023: 140 Mio. Euro). Die Investitionen in die Berliner Krankhäuser steigen damit auf insgesamt 576 Mio. Euro.


Zeitgemäße, gut ausgestatte Justiz

Wir setzen uns für eine zeitgemäße Justiz ein. Das bedeutet eine moderne und auskömmliche Ausstattung der Justiz sicherzustellen, genauso wie den Zugang zur Justiz für alle in gleicher Weise zu gewährleisten. Dafür stellen wir weitere 3,3 Millionen Euro in den Haushalt ein. Darüber hinaus setzt sich DIE LINKE für einen menschenrechtsorientierten Strafvollzug sowie eine adäquate Unterstützung von Betroffenen von Straftaten ein. In diesem Bereich werden zusätzliche Mittel von 2,1 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Text wir laufend ergänzt.