Schulbibliotheken - heute und morgen
Am 27. März 2019 fand auf Einladung von Regina Kittler, kultur- und bildungspolitische Sprecherin, die vierte Veranstaltung der Linksfraktion Berlin zur Zukunft der Berliner Bibliotheken statt.
Thema dieser Fachtagung waren die Berliner Schulbibliotheken. Unsere schriftliche Anfrage „Schulbibliotheken in Berlin“, Drucksache 18/15523 hat gezeigt, dass erfreulicherweise etwa 60 Prozent der Berliner Schulen über eine Schulbibliothek verfügen, aber auch, dass es große Unterschiede zwischen den Bezirken und Schulen in Bezug auf Größe, Personal, Organisation und Ausstattung der jeweiligen Schulbibliotheken gibt.
Die Ergebnisse unserer Anfrage machen deutlich: Um die Potenziale von Schulbibliotheken als Aufenthalts- und Bildungsorte für Schüler*innen aller Altersklassen auszuschöpfen, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Die wichtigsten sind: gesicherte Räume, ein aktuelles, vielfältiges und digitales Medien-Angebot, eine gute und ausreichende technisch-digitale Ausstattung inklusive Breitbandanschluss, konstante und Nutzer*innen-freundliche Öffnungszeiten und vorhandenes Fachpersonal. Optimal kommen gut funktionierende Kooperationsmodelle mit den Stadtteilbibliotheken und die Möglichkeit, Schulbibliotheken zukünftig auch in den Stadtraum zu öffnen, dazu. In der Diskussion stellte sich als wichtige Voraussetzung dieser Gelingensbedingungen die Definition einheitlicher Qualitätsstandards für Schulbibliotheken heraus.
Welche Probleme es aktuell noch gibt, wo Handlungsbedarf ist und welche Ideen und Kooperationen zukünftig umsetzbar sein könnten oder sollten, wurde von den eingeladenen Referent*innen mit plastischen Vorträgen, Praxisbeispielen und klaren Forderungen vorgetragen.
Dr. Torsten Wöhlert stellte in seinem Grußwort den aktuellen Stand in der Vorbereitung des geplanten Bibliotheksentwicklungsplans vor und informierte, dass das Land den Bezirken 33 Millionen Euro aus SIWANA V Mitteln für Investitionen in öffentlichen Bibliotheken, gerade im Bereich Digitalisierung, bereitstellt.
Victor Wolter von der AG Schulbibliotheken berichtete in seinem Vortrag „Überblick und Einordnung“ über die Arbeit der bereits 2010 gegründeten AG Schulbibliotheken. Er hob die Bedeutung der Kooperation der Schulbibliotheken mit den öffentlichen Bibliotheken hervor und schilderte die erfolgreiche Ausrichtung des Wettbewerbs „Schulbibliothek des Jahres“ durch die AG Schulbibliotheken. Anhand der Info-Grafik zu den Ergebnissen der Kleinen Anfrage von Regina Kittler „Schulbibliotheken in Berlin“ wurden die vorhandenen großen Unterschiede zwischen den Bezirken dargestellt und zusammengefasst, dass eine funktionierende Schulbibliothek auf den Säulen: Raum, Personal, Medien, Technik beruht. Um ein einheitliches Unterstützungssystem zu etablieren, fordert die AG Schulbibliotheken ein „Berliner Kompetenzzentrum für Schulbibliotheken“.
Die einzige schulbibliothekarische Kontaktstelle in Berlin wird von Sarah Wildeisen in der Stadtbibliothek Mitte geleitet. Sie veranschaulicht in ihrem Beitrag „Kooperation und Belastungsprobe: Die Arbeit der schulbibliothekarischen Kontaktstelle Berlin-Mitte“ die vielfältigen Anforderungen ihrer Arbeit. Die großen Unterschiede in Ausleihsystemen, Ausstattung und Organisationsform bei den Schulbibliotheken erfordern Flexibilität in der Zusammenarbeit und einen Wissenstransfer zwischen den Bibliothekar*innen und den oft ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen der Schulbibliotheken.
Frank Körner, Vorsitzender des Landesschulbeirat Berlin hebt in seinem Beitrag „Innen- und Aussen-Perspektiven“ die Bedeutung von Schulbibliotheken als „Knotenpunkt im Lebensraum“ hervor und fordert deutlich bessere und vor allem dauerhafte Unterstützung von Schulbibliotheken im Bereich Personal. Schulbibliotheken müssen seiner Ansicht nach Teil des Berliner Schulgesetzes werden.
Auch Charlotte von Bausznern, Schulbibliothek der Lenau Grundschule macht in ihrem Beitrag „Realität und Anspruch“ klar, wie wichtig feste Personalstellen und vor allem ihre adäquate Vergütung für das Gelingen von Schulbibliotheken sind. Heute arbeiten viele Mitarbeiter*innen von Schulbibliotheken unter prekären Bedingungen, meist als Honorarkräfte oder ehrenamtlich. Auch fehlen beim Aufbau von neuen Schulbibliotheken oft klare Regelungen und Ansprechpartner.
Welche Rolle Schulbibliotheken aus Sicht der Schüler*innen spielen, stellt Bjarne Erik Scholz vom Landesschülerbeirat in seinem Input „Erfahrungen und Visionen“ dar. Er sieht ihre Bedeutung vor allem im kostengünstigen Zugang zu Informationen und als Alternative zum Internet. Um dieser Rolle zukünftig besser gerecht werden zu können, müssten die Berliner Schulbibliotheken aber erstens deutlich besser und vor allem digitaler ausgestattet und zweitens ihr Angebot sinnvoll in den Unterrichtsstoff einbezogen werden.