15 Jahre Initiative Sexuelle Vielfalt – Berlin muss wieder Vorreiterin werden!
Heute vor 15 Jahren beschloss das Abgeordnetenhaus von Berlin die Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ (ISV), den ersten Aktionsplan eines deutschen Bundeslandes gegen Homo- und Transfeindlichkeit. Der Beschluss erfolgte einstimmig durch SPD, Linksfraktion, Grüne und FDP, nachdem die CDU zuvor den Saal verlassen hatte. Berlin setzte damit eine Bewegung in Gang, in deren Zuge inzwischen 15 Bundesländer eigene queerpolitische Maßnahmenpläne erarbeitet haben.
Zum 15. Jahrestag des Beschlusses über die Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ erklärt der Sprecher für Queerpolitik der Linksfraktion, Klaus Lederer:
„Der Beschluss der Initiative Sexuelle Vielfalt vor 15 Jahren war ein Meilenstein! Die ISV hat einen Aufbruch markiert. Erstmals ist damit der Einsatz gegen Homo- und Transfeindlichkeit und das Eintreten für die Akzeptanz sexueller Vielfalt als ressortübergreifende Landesaufgabe definiert worden. Maßstäbe gesetzt hat auch der breit getragene partizipative Prozess der Erarbeitung des Maßnahmenpakets gemeinsam mit zahlreichen Initiativen, Vereinen, Selbstorganisationen und interessierten Personen aus den queeren Communities. Auch nach der Beschlussfassung wurde die Umsetzung durch mehrere Ratschlag-Veranstaltungen mit der LSBTIQ-Community öffentlich kritisch begleitet und diskutiert.
Kaum vorstellen konnte ich mir damals, wie lange die Umsetzung bestimmter Maßnahmen dauern würde, etwa in den großen Handlungsfeldern wie ‚Bildung und Aufklärung stärken‘ und ‚Wandel der Verwaltung vorantreiben‘. Insgesamt konnten mit der Zeit aber viele wichtige Maßnahmen zur Unterstützung der Akzeptanz, Sicherheit und Selbstbestimmung queerer Menschen in Berlin umgesetzt werden. Auch die Initiative selbst hat sich mit der Zeit weiterentwickelt. Nicht nur dahingehend, dass sie mittlerweile auch die geschlechtliche Vielfalt im Namen trägt: 2019 hatte die damalige rot-rot-grüne Koalition ihr auch inhaltlich neuen Schwung verliehen.
Die Neuauflage, die als „Berliner LSBTIQ+ Aktionsplan 2023“ vom aktuellen Senat vorgelegt wurde, vermittelt leider den Eindruck, dass vom queerpolitischen Aufbruch der ursprünglichen Initiative nicht mehr viel Elan übrig ist. Der Aktionsplan umfasst zwar eine große Zahl von Einzelmaßnahmen, die aber keine erkennbaren Prioritäten setzen und von denen zudem fast die Hälfte lediglich unverbindlich als Prüfaufträge formuliert ist. Der Rest besteht zu großen Teilen nur aus der Fortführung bestehender Maßnahmen und Kleinstvorhaben wie die Aktualisierung eines Flyers oder beschreibt neue verwaltungsinterne Runden und Arbeitskreise. Schon im vergangenen Jahr mussten wir darum kämpfen, die vom Senat vorgesehenen drastischen finanziellen Kürzungen bei IGSV-Maßnahmen zu verhindern – und auch aktuell haben zahlreiche Projekte nur vorläufige und auf wenige Monate befristete Förderbescheide und damit keinerlei Planungsperspektive. Alles in allem erweckt dieser Senat eher den Anschein einer lustlosen Verwaltung des Bestehenden anstelle eines echten breiten Engagements für die Beteiligung der queeren Communities und die Verbesserung ihrer Lebensrealität.“