Kein Denkmal auf dem Sockel des Wilhelminischen Nationaldenkmals

Beschluss der Berliner Linksfraktion

Der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 9. November 2007 zur Errichtung eines Freiheits- und Einheits-Denkmals in Berlin sieht vor, dass die Bundesregierung gemeinsam mit dem Senat von Berlin einen dafür geeigneten Ort finden und vorschlagen soll. Nun legt Kulturstaatsminister Neumann dem Kulturausschuss des Bundestages einen Bericht vor, in dem der Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Denkmals als Standort vorgeschlagen wird.

Die Berliner Linksfraktion hat in ihrer heutigen Sitzung hierzu folgenden Beschluss gefasst:

  1. Den von Kulturstaatsminister Neumann vorgeschlagenen Standort für das Freiheits- und Einheits-Denkmal auf dem Sockel des Kaiser-Wilhelm-Denkmals lehnen wir ab.
  2. Wir unterstützen stattdessen die vom Land Berlin vertretene Position, das anstelle des Sockels einen anderen Standort am zukünftigen Humboldt-Forum gegenüber dem Lustgarten favorisiert.

Hierzu erklärt der stadtentwicklungspolitische Sprecher Dr. Thomas Flierl:

»Das Projekt eines Freiheits- und Einheits-Denkmals in Berlin ist weiter umstritten, es wird von einer Mehrheit im Deutschen Bundestag getragen. Dies respektieren wir. Mit der Errichtung des Denkmals auf dem Sockel des früheren Wilhelminischen Nationaldenkmals wird das Denkmalprojekt allerdings endgültig Teil eines nationalkonservativen Geschichtsprojektes. Freiheit und Einheit Deutschlands auf dem Sockel des Wilhelminischen Nationaldenkmals zu erinnern, geriete zur Feier einer nationalen Kontinuität, die es so gerade nicht gegeben hat.

An die Stelle des Denkmals der preußischen Reichseinigung von oben ein Freiheits- und Einheits-Denkmal zu setzen, würde gerade das Scheitern des Deutschen Reiches (von der Reichseinigung in Versailles bis zum Versailler Friedensvertrag) und das Scheitern der Weimarer Republik (Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Teilung Deutschlands und Europas und der Welt) ausblenden. Übergangen würden auch die internationalen Aspekte der Überwindung der Spaltung Deutschlands sowie die Tatsache, dass weder die Demokratiebewegung der DDR ursprünglich auf die deutsche Einheit zielte, noch die freiheitlichen und die Einheitsbestrebungen der vergangenen Jahrhunderte in Deutschland teleologisch auf die heutige staatsrechtliche Realität Deutschlands bezogen werden können.

Ein Freiheits- und Einheits-Denkmal dagegen an jenem Ort, an dem der preußische König die Toten der Märzrevolution 1848 ehrte (auf dem Weg von ihrer Aufbahrung auf dem Gendarmenmarkt zum Friedhof im Friedrichshain), an dem an die Novemberrevolution (Karl Liebknecht auf dem Balkon des Berliner Schlosses) und an den Widerstand gegen das NS-Regime (Aktion der jüdisch-kommunistischen Widerstandsgruppe um Herbert Baum) erinnert werden kann, würde die Erinnerung an die deutsche Bürgerrechts- und Freiheitstradition stärken und den Bezug zur Demokratiebewegung des Herbstes 1989 unterstreichen.«

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