Gemeinschaftsschule: Lernen, wo es Spaß macht

Ein Lernhaus zum Leben

Wie müssen neue und bestehende Gebäude von Gemeinschaftsschulen gestaltet werden, damit Schülerinnen und Schüler dort gerne lernen und leben? Welche besonderen Anforderungen stellen Inklusion und Ganztagsunterricht an die Architektur von Neubauten?

Diese und weitere Fragen diskutierten wir am 16. Juni 2017 in einer Veranstaltung mit Mark Rackles, Staatssekretär für Bildung, Regula Lüscher, Senatsbaudirektorin, Sigrid Baumgardt von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Robert Giese, Sprecher des Netzwerkes der Berliner Gemeinschaftsschulen, Elfriede Müller, Leiterin des Büros für Kunst im öffentlichen Raum und mit Schüler*innen, Eltern, Pädagog*innen und Unterstützer*innen der Berliner Gemeinschaftsschulen.

Ausgangspunkt bildeten die Empfehlungen für künftige Schulbauten, die die von den für Bildung und für Stadtentwicklung zuständigen Senatsverwaltungen eingesetzte „Facharbeitsgruppe Schulraumqualität“ im Februar 2017 vorgelegt hatte. Diese Empfehlungen folgen der Grundidee, die „Flurschule“ des 19. Jahrhunderts, die für Gleichförmigkeit steht und die als Bau heute noch präsent ist, abzulösen mit einem modernen Raumkonzept, das der Heterogenität der heutigen Schüler*innenschaft und dem individuellen und gemeinschaftlichen Lernen gerecht wird. Dafür steht das vorgeschlagene Konzept der Berliner Lern- und Teamhäuser mit so genannten Compartments.

Den Auftakt gaben Schülerinnen der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule, die ihre Schule, ihre Wünsche und Bedürfnisse für die Gestaltung ihrer Schule und ihre Erfahrungen aus einem Bauprojekt – dem Versuch der Selbstgestaltung ihres Lernumfeldes – vorstellten. Als größten Feind der Selbstbestimmung „enttarnten“ sie die Sanierungen an ihrer Schule: Nach ihren Wünschen und Bedürfnissen wurden sie nicht gefragt, ihre erarbeiteten Ideen und Vorschläge wurden nicht umgesetzt und ihre Schule erleben sie seit ihrem Bestehen ständig mit Baustellen. Dabei haben sie Beachtliches für die räumliche Gestaltung ihrer Schule vorgelegt und Einiges davon in Eigeninitiative verwirklicht – wie man in ihrer Präsentation sehen kann. Die Empfehlungen zur „Schulraumqualität“ dürften ihnen für weitere Vorhaben Rückhalt geben.

Sigrid Baumgardt stellte die Empfehlungen der Facharbeitsgruppe und darunter im Detail die Empfehlungen für künftig neu zu bauende Gemeinschaftsschulen vor. Mark Rackles gab einen Ausblick, wie mit diesen Empfehlungen künftig weiter verfahren werden soll. Viele der Vorschläge betreffen alle Schulen und geben Anregungen, obwohl sie zunächst nur für den Neubau erarbeitet wurden. Und auch hier müssen sie noch in Standards und Normen für den Neubau umgesetzt werden. Für anstehende große Baumaßnahmen im Schulbereich, sowohl für Neubau als auch für Sanierung, gilt es die Beteiligung der „Betroffenen“ in entsprechenden Ausschüssen und Gremien zu gewährleisten.

Robert Giese wandte sich dem qualitativen und quantitativen Raumbedarf der bestehenden Gemeinschaftsschulen zu. Gerade weil sie sich als „Schule für alle“ verstehen, brauchen sie  vor allem multifunktional nutzbare Räume, auch zum Beispiel Therapieräume, um Schüler*innen mit unterschiedlichem und wechselndem Förderbedarf gerecht werden zu können.

Von der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher wollten wir wissen, welche Möglichkeiten es gibt, die Empfehlungen zur „Schulraumqualität“ beim Neubau von Schulen in Schnellbauweise umzusetzen. Die 10 Modellvorhaben  zur Beschleunigung von Schulneubauten, die in Verantwortung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnungsbau realisiert werden, sind Bestandteil der Berliner Schulbauoffensive, mit der in einem 10-Jahreszeitraum von 2017 bis 2026 für insgesamt 5,5 Milliarden Euro neue Schulen gebaut und der Sanierungsstau an den Berliner Schulgebäuden abgebaut werden sollen. Es gilt, solche Raum- und Funktionsprogramme zu formulieren und architektonisch umzusetzen, so Regula Lüscher, die auch noch in 50 oder 100 Jahren für neue und andere pädagogische Konzepte einsetzbar sind. Schnellbauten und Qualität sind kein Widerspruch. Es geht um Straffung der Verfahren der Planung und Bauausführung, um modulares Bauen und Vorfabrikation von Modulen, die in verschiedenen Varianten kombinierbar sind. Beispiele für eine bauliche Typenlösung sind eine integrierte Sekundarschule, die in Mahlsdorf entsteht und deren Weiterentwicklung für den Neubau von zwei Grundschulen in Lichtenberg.
 
Elfriede Müller widmete sich dem Thema „Kunst am Bau“ im Schulbau. Sie skizzierte das Verfahren der Mittelvergabe und das Wettbewerbsverfahren in der Auswahl der Kunstprojekte. Hiermit und mit zahlreichen Beispielen für „Kunst am Bau“ im Bildungsbereich weckte sie bei nicht wenigen Teilnehmer*innen Interesse solche Kunstprojekte bei entsprechenden Baumaßnahmen auch an ihre Schulen zu holen.

Carola Ehrlich-Cypra und Katrin Schmahl vom Elternnetzwerk der Berliner Gemeinschaftsschulen wandten sich mit einem „kreativen Schlusswort“ bildlich ihrem Leitbild als Elternnetzwerk Berliner Gemeinschaftsschule zu – die Gemeinschaftsschule als „Eine Schule für alle!“, die für inklusives gemeinsames und fachübergreifendes Lernen von der 1. Bis zur 13. Klasse steht und für Raum für das  Lernen von und mit Kindern und Jugendlichen in all ihrer Vielfalt steht.

Lernen, wo es Spaß macht