Pendlerverkehr in Berlin und Brandenburg verbessern

Kristian Ronneburg

23. Sitzung, 8. März 2018

Kristian Ronneburg (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der wachsenden Pendlerströme müssen wir als Land mit Brandenburg die Bewältigung der Stadt-Umland-Verkehre weiterentwickeln. Der Regional- und Nahverkehr auf der Schiene muss mit dem Wachstum der Stadt Schritt halten. Durch die Rede von Herrn Friederici ist noch einmal deutlich geworden, dass umgekehrt ein Schuh daraus wird: In den fünf Jahren unter Rot-Schwarz ist kaum etwas passiert. In den letzten anderthalb Jahren ist aber bei den Abstimmungen zwischen Berlin und Brandenburg richtig etwas passiert. Das möchten Sie alles nicht zur Kenntnis nehmen, aber die „Rahmenvereinbarung über das Entwicklungskonzept für die Infrastruktur des Schienenverkehrs in Berlin und Brandenburg – i2030“ wurde schon erwähnt. Das ist ein richtiger, gewaltiger Schritt für die Metropolenregion Berlin-Brandenburg und für die Verbesserung des Pendlerverkehrs. Also machen Sie sich da bitte auch mal ehrlich, und nehmen Sie das auch zur Kenntnis!

Infrastrukturvorhaben werden in verschiedenen Korridoren untersucht: Berlin – Spandau – Nauen; Potsdamer Stammbahn; Prignitz Express/Velten; Nordbahn/Heide­kraut­bahn; RE1; Berlin – Dresden/Rangsdorf und Berlin – Cottbus/Bahnhof Königs Wusterhausen. Die nötigen Finanzmittel für die Untersuchung und die Planung stehen bereit. Prüf- und Planungsprozesse können beginnen. Wir stehen hier vor gewaltigen Herausforderungen. Daraus machen wir keinen Hehl. Für Berlin wird bis 2030 ein Wachstum um mehr als 266 000 Einwohnerinnen und Einwohner erwartet. Das wäre ein Plus von 7,5 Prozent. Die Bevölkerung des Berliner Umlands hat sich zwischen 2003 und 2015 um 5,6 Prozent erhöht. Bis 2030 wird hier ein Wachstum von 6 Prozent erwartet. Seit 2000 haben sich die Pendlerverflechtungen zwischen Berlin und Brandenburg verdoppelt. Also vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der vorgestellten Maßnahmen sind wir schon ein ganzes Stück weiter, als es der FDP-Antrag suggeriert.

Der Verkehrsausschuss hat bereits den von uns vorgelegten Antrag für den Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Berlin – Stettin behandelt. Für den Korridor Berlin – Cottbus – Königs Wusterhausen wurden Planungen zur Beseitigung des eingleisigen Engpasses im Nordkopf des Bahnhofs vereinbart. Darüber hinaus wird DB Netz den Bau eines neuen Kehrgleises für die RB22 am Bahnhof Königs Wusterhausen vorbereiten. Ab Dezember 2022 soll der Betrieb aufgenommen werden. Auch der RE1 ist, wie erwähnt, in der Rahmenvereinbarung verankert.

Zu den anderen Punkten in dem Antrag der FDP: Sie wollen Sharing-Angebote an den Haltestellen fördern. Das ist alles richtig und vernünftig. Aber warum agieren auch Sie als Freie Demokraten so kurzsichtig und rufen nach einer – ich betone – bedarfsgerechten Anzahl von Park-and-ride-Parkplätzen im Umland? Es ist damit jetzt deutlich geworden: Sie wollen Brandenburg zum Parkplatz für Berlinerinnen und Berliner machen. Ich glaube nicht, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger das so lustig finden werden. Dass Sie Plätze im Umland fordern, hat ja verkehrlich noch einen Sinn. Der Verkehr muss vor der Landesgrenze gebrochen werden, und da sind Sie schon ein Stück weiter. Aber Sie müssten eigentlich wissen: Den Bedarf werden Sie nie so decken können. – Die Formulierung „bedarfsgerecht“ geht an den Realitäten vorbei. Aber vielleicht fordern Sie in Brandenburg einfach mehr Tiefgaragen für Bahnhöfe. Das wäre vielleicht auch etwas.

Grundsätzlich werden im Rahmen der Fortschreibung des StEP Verkehr eine Vielzahl von Maßnahmen weiterentwickelt, um den Anforderungen der wachsenden Stadt gerecht zu werden. Die Stadt-Umland-Verkehre spielen dabei eine wichtige Rolle. Dass diese Maßnahmen integriert geplant werden müssen, versteht sich von selbst. Sie sprechen in Ihrem Antrag ja auch davon, das Tarifsystem des VBB zu verändern. Anreize müssen geschaffen werden, damit Autofahrer auf den ÖPNV umsteigen. Zu einzelnen Forderungen hatten wir ja bereits Debatten im Haus. Sie wissen, dass eine Arbeitsgruppe an der Reform des Tarifs arbeiten wird. Da wird es auch sehr bald losgehen.

Ich will noch einmal betonen: Grundsätzlich verfolgen wir als Koalition das Ziel, dass mit einer Änderung der Tarifstruktur und einer Senkung der Fahrpreise auch neue Fahrgäste gewonnen werden sollen. Ich will daran erinnern, dass wir für den Doppelhaushalt bereits Haushaltsmittel für das Job- und Ausbildungsticket bereitgestellt haben – 7,5 Millionen Euro jährlich. Außerdem haben wir Mittel für die Absenkung bei Schüler- und Azubi-Tickets bereitgestellt – 16 Millionen Euro jährlich. Im Rahmen der Diskussion über die Tarifreform werden wir ganz genau diskutieren müssen, wie wir das Tarifsystem fit für die wachsende Metropolregion machen. Dazu sage ich noch mal ganz deutlich: Da hilft es nicht, wie die CDU allein auf den Speckgürtel zu starren und zu sagen: Lasst uns doch einfach den Tarifbereich B eine Station in Richtung Brandenburg ausdehnen. – Wir müssen in der Verkehrsplanung und im Tarifsystem viel größer und strategischer denken. Dazu gehören auch Überlegungen, wie wir den Sprung in die zweite Reihe gestalten können, wie wir weiter entfernte Städte an Berlin anschließen können und wie wir mit dem Tarif darauf reagieren.

[Heiko Melzer (CDU): Macht doch!]

– Ja, das werden wir auch machen. –

Die Möglichkeiten der Digitalisierung ausnutzen! Dazu haben Sie in Ihrem Antrag ein paar Beispiele genannt. Ich will dazu konkret sagen: Was wir brauchen, sind vor allem Fahrgastinformationssysteme in Echtzeit in allen Haltestellen und Fahrzeugen und WLAN an allen Haltestellen und in allen Fahrzeugen. Das wären wichtige und echte Fortschritte, um den ÖPNV gegenüber dem MIV attraktiv zu gestalten.

Sonderlich viele neue Grundgedanken konnten Sie hierzu leider nicht vortragen. Auch hinsichtlich Ihrer Idee, mit den Unternehmen ins Gespräch zu kommen, möchte ich daran erinnern, dass schöne Sätze im StEP Verkehr stehen. So wird z. B. der Abbau des strukturellen Arbeitsplatzdefizits im Ostteil Berlins mit dem Ziel der Verkehrsvermeidung angestrebt. Auch die integrierte Standortplanung bei der Ansiedlung von Unternehmen mit erheblicher Verkehrserzeugung ist dort genannt. Sie erfinden hier keine neuen Sachen. Die Neuigkeitswerte halten sich also in Grenzen. Aber zumindest ist bei der FDP ein Fortschritt zu erkennen: Sie sind vielleicht doch zu der Einsicht gelangt, dass eine verbindliche Planung für den Gesamtraum Berlin-Brandenburg nicht so schlecht für die Metropolregion ist. – In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und freue ich mich auf die Ausschussberatung!

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