Keine Schnellschüsse bei der Hochschulgesetzgebung

Zur heutigen Ankündigung der Wissenschaftssenatorin als Konsequenz aus einem Angriff auf einen jüdischen Studenten bis Ostern einen Vorschlag zur Änderung des Hochschulgesetzes vorlegen zu wollen, erklärt der hochschulpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Tobias Schulze:

„Der grausame Übergriff auf den jüdischen FU-Studenten Lahav Shapira hat uns alle schockiert. Er ist Ausdruck eines aggressiven und zum Teil gewaltsamen Antisemitismus, der derzeit in unserer Gesellschaft insgesamt, aber auch im akademischen Kontext Raum greift.

Es ist Aufgabe der Hochschulen und ihrer Mitglieder, aber auch der Hochschulpolitik gemeinsam umfassende Gegenstrategien zu entwickeln. Jüdische Menschen müssen sich an unseren Hochschulen sicher fühlen. Der fundierte akademische Austausch und die Debatte müssen geschützt werden. Ein übereiltes Vorgehen bei der geplanten Einführung der Exmatrikulationen von Studierenden als zentrale Maßnahme im Kampf gegen Antisemitismus an Hochschulen wird dem nicht gerecht.

Der alleinige Ruf nach Exmatrikulation des mutmaßlichen Täters greift zu kurz und begegnet zudem verfassungsrechtlichen Hürden. Das 1969 eingeführte Ordnungsrecht in Berlin wurde 2021 abgeschafft, weil es nie angewendet worden ist und zudem auf das nicht mehr gültige Hochschulrahmengesetz des Bundes aufbaute. Auch bundesweit sind uns keine Fälle bekannt, nach denen Studierende wirksam ordnungsrechtlich exmatrikuliert worden sind.

Der jetzige Fall einer schweren Gewalttat außerhalb der Universität wäre zudem auch nach dem alten Hochschulgesetz nicht unter das Ordnungsrecht gefallen. Insofern geht die Kritik an Rote-Grün-Rot fehl, mit dessen Streichung den Hochschulen wirksame Handlungsmöglichkeiten genommen zu haben. Die damalige Koalition schätzte vielmehr ein, dass Hausverbote das wirksamere und rechtlich sicherere Instrument zum Schutz von Gewaltopfern und zur Sicherung des Hochschulbetriebs darstellen."