Initiative für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt weiterentwickeln (II) – Geschichtsdokumentation und Forschung

Klaus Lederer

Ich nehme es Ihnen ab, dass Ihnen die Rehabilitierung der nach dem § 175 in der DDR und in der Bundesrepublik Verurteilten ein persönliches Herzensanliegen ist. Sie dürfen nur nicht mit diesem Parlament so reden, als seien es die Oppositionsfraktionen, die verhindern, dass die Rehabilitierung und Entschädigung im Deutschen Bundestag ausgesprochen wird – das ist die Union.

50. Plenarsitzung

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 11

Initiative für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt weiterentwickeln (II) – Geschichtsdokumentation und Forschung

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU
Drucksache 17/1683

Vizepräsident Andreas Gram:

– Jetzt hat das Wort zu einer Kurzintervention der Kollege Dr. Lederer von der Linkspartei. – Bitte schön!

Dr. Klaus Lederer (LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Kollege Evers! Ich nehme es Ihnen ganz persönlich ab, dass Ihnen die Rehabilitierung – die Entschädigung haben Sie vergessen – der nach dem § 175 in der DDR und in der Bundesrepublik Verurteilten ein persönliches Herzensanliegen ist. Sie dürfen nur nicht mit diesem Parlament so reden, als seien es die Oppositionsfraktionen, die verhindern, dass die Rehabilitierung und Entschädigung im Deutschen Bundestag ausgesprochen wird – das ist die Union.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN]

Das ist, by the way, für die Fernsehzuschauer oder dieMenschen auf den Rängen, die nicht wissen, welcher Partei Sie angehören, Ihre Partei.

Das Zweite: Ich nehme Ihnen auch ab, dass Sie gern die Wiedererrichtung des Magnus-Hirschfeld-Instituts in Berlin möchten. Deshalb helfe ich Ihnen da ein bisschen auf die Sprünge und frage einfach mal, ob Sie vielleicht Lust haben, noch ein bisschen genauer zu recherchieren, dass nämlich bereits im Jahr 2009 die Beteiligung des Landes Berlin an der Wiedergründung eines Magnus-Hirschfeld-Instituts vom damaligen rot-roten Senat beschlossen worden ist. Der Senat hat mir auf Nachfrage mitgeteilt, dass Ihr Senat an dem Beschluss von seinerzeit nicht festhält und dafür auch kein Geld zur Verfügung stellen wird. Sie stellen sich hier fünf Jahre später hin und sagen: Ja, wir sollten alle etwas dafür tun, und mir ist es ein persönliches Herzensanliegen, ein Magnus-Hirschfeld-Institut zu gründen. – Da sage ich: Ihr Senat hat alles in dieser Richtung abgeblasen und gesagt, er mache das nicht, er habe dafür kein Geld, das sei nicht seine Baustelle. Das Einzige, was er macht, ist die verbale Begleitung einer solchen Begründung, wenn es denn der Bund tut. – Ich finde, da machen Sie es sich ganz schön einfach, und es ist fast ein bisschen skandalös, dass Sie die Leute mit Ihrer kleinen Predigt aufs Glatteis schicken.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und der dritte Punkt ist: Sie sagen, erstmalig sei die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft von diesem Senat gefördert worden. – Sorry, aber das ist richtiggehend frech! Was Sie und dieser Senat getan haben, ist, jeden Cent, der für Studien, wie Sie sie in Ihrem Antrag jetzt fordern und die unter dem rot-roten Senat eingestellt worden sind, komplett rauszustreichen. Da steht jetzt eine Null. Das Einzige, was Ihr Senat geschafft hat, sind drei Zeitzeugeninterviews mit Menschen, die nach § 175 in Ost oder West verurteilt wurden. Drei Zeitzeugeninterviews zu fördern – glauben Sie mir, es sind einige Menschen in dieser Stadt davon betroffen, und wenn Sie alle zwei Jahre in jedem Doppelhaushalt drei Zeitzeugeninterviews finanzieren, dann werden Sie in zwanzig Jahren dreißig Zeitzeugeninterviews gefördert haben. Und da stellen Sie sich hier vorne hin und sagen: Dieser Senat fängt an, die Geschichtsarbeit zu leisten! – Ich sage Ihnen: Was in den letzten anderthalb Jahren passiert ist – und der ISV-Antrag liegt so lange in den hiesigen Ausschüssen –, da hatten Sie keine Lust, mit irgendjemandem zu diskutieren. Was Sie in den letzten anderthalb Jahren geleistet haben, ist bedauerlicherweise eine Bankrotterklärung. Ich verstehe, dass man manchmal Exkremente als Bonbons verkaufen muss – insbesondere, wenn einem bestimmte Dinge ein persönliches Anliegen sind. Aber man sollte es damit nicht zu weit treiben! Die Leute sind nämlich nicht blöd; sie merken das.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN]

Vizepräsident Andreas Gram:

Vielen Dank! –