Berlin und seine Volksbegehren: Zusatzkosten, Ungültigkeit von Unterschriften

Drucksache 17 / 13 214 - Wir wollten z.B. wissen, wie hoch der Anteil der Unterschriften war, die aufgrund des fehlenden Geburtsdatums für ungültig erklärt worden waren.

Drucksache 17 / 13 214

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE)

vom 12. Februar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Februar 2014) und Antwort

Berlin und seine Volksbegehren: Zusatzkosten, Ungültigkeit von Unterschriften

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

1. In welchen Bezirken wurde bei der Auszählung der Unterschriften für das Volksbegehren „100 Prozent Tempelhof“ eine Unterschrift als „ungültig“ gewertet, wenn das Geburtsdatum nicht angegeben war?

2. Wie hoch war der Anteil der Unterschriften, die aufgrund des fehlenden Geburtsdatums für ungültig erklärt worden waren, und wie hoch der Anteil der ungültigen Unterschriften insgesamt (bitte angeben nach Bezirken)?

3. Wie hoch war der Anteil der Unterschriften, die aufgrund des fehlenden Geburtsdatums für ungültig erklärt worden waren, weil das Geburtsdatum nicht angegeben war, obgleich die Person aufgrund der weiteren Angaben zweifelsfrei identifizierbar gewesen ist (bitte angeben nach Bezirken)?

Zu 1. bis 3.: Unterstützungserklärungen zum Volksbegehren über den Erhalt des Tempelhofer Feldes wurden lediglich im Bezirksamt Treptow-Köpenick vorbehaltlos als ungültig gewertet, wenn das Geburtsdatum nicht angegeben war.

Die Gesamtzahl von Unterstützungserklärungen, die im Land Berlin allein oder u. a. auch aufgrund des fehlenden Geburtsdatums für ungültig erklärt wurden, ist nicht bekannt. Entsprechende Angaben werden im prüfungsunterstützenden informationstechnischen Verfahren nicht gesondert dokumentiert.

Der Anteil ungültiger Unterstützungserklärungen in den jeweils prüfenden Bezirksämtern stellt sich wie folgt dar:

Mitte - 21,5 %
Friedrichshain-Kreuzberg - 22,0 %
Pankow - 21,5 %
Charlottenburg-Wilmersdorf - 21,7 %
Spandau - 22,0 %
Steglitz-Zehlendorf - 22,5 %
Tempelhof-Schöneberg - 20,7 %
Neukölln - 21,3 %
Treptow-Köpenick - 23,7 %
Marzahn-Hellersdorf - 22,5 %
Lichtenberg - 23,1 %
Reinickendorf - 19,9 %

Entsprechend den Hinweisen der Landesabstimmungsleiterin zur Gültigkeitsprüfung von Unterstützungsunterschriften für Volksbegehren wurden Unterstützungserklärungen ohne Angabe des Geburtsdatums für gültig erklärt, wenn die erklärende Person aufgrund der im weiteren verfügbaren Angaben zweifelsfrei identifizierbar war und auch ansonsten keine Ungültigkeitsgründe vorlagen. Lediglich der Bezirk Treptow-Köpenick bildet hier – wie eingangs erklärt – eine Ausnahme.

Insgesamt wurden für das Volksbegehren über den Erhalt des Tempelhofer Feldes 237.063 Unterstützungserklärungen eingereicht. Von diesen waren 51.735 Erklärungen ungültig. Eine vollständige Wiederholung der Prüfung aller vorliegenden Unterstützungserklärungen zur detaillierten Beantwortung der Schriftlichen Anfrage kam nicht in Betracht. Eine nicht repräsentative Stichprobenerhebung von Erklärungen, die entsprechend der Hinweise der Landesabstimmungsleiterin geprüft worden waren, ergab folgendes Bild:

 

erneut geprüfte Eintragungen insgesamt2.529 Fälle
davon gültig2.086 Fälle
bei den gültigen Eintragungen fehlte die Angabe
des Geburtsdatums bzw. war diese unvollständig9 Fälle  (0,4 %)
davon ungültig443 Fälle
ungültige Eintragungen wegen fehlender Angaben11 Fälle
davon u. a. wegen fehlendem Geburtsdatum 5 Fälle  (0,2 %)

4. Wie verhält es sich mit den Antworten auf die Fragen 1.-3. in Bezug auf das Volksbegehren „Neue Energie für Berlin“?

Zu 4.: Für die Gültigkeitsprüfung anlässlich des Volksbegehrens über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung ergibt sich grundsätzlich das gleiche Bild.

Eine vollständige Wiederholung der Prüfung aller 271.496 vorliegenden Unterstützungserklärungen zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage kam auch hier nicht in Betracht.

5. Wie bewertet der Senat aus heutiger Sicht die Debatte um angebliche „Unterschriftenfälschung“ beim Volksbegehren „100 Prozent Tempelhof“, was sind die Konsequenzen des Senats aus der damaligen Debatte, was hat der Senat zwischenzeitlich konkret unternommen?

Zu 5.: Die Debatte hat gezeigt, dass eine klarstellende Änderung im Abstimmungsgesetz überlegenswert ist. Zweifel an einer ordnungsgemäßen Durchführung gilt es auszuschließen. Die gesetzliche Bestimmung über die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit von Unterstützungserklärungen sollte ihrem Wortlaut nach eindeutig sein. Der Senat wird die notwendige politische Abstimmung zeitnah vornehmen.

Festzuhalten bleibt, dass den beteiligten Stellen keine Anhaltspunkte für Manipulationsversuche beim Volksbegehren über den Erhalt des Tempelhofer Feldes vorlagen und vorliegen. Der Diskussion über mögliche, umfangreich erfolgte Manipulationen von Unterschriftenlisten und -bögen fehlte es an einer substantiellen Grundlage.

6. WelchezusätzlichenKostensinddemLandBerlin entstanden, weil der Volksentscheid nicht am Tag der Bundestagswahl und unter gleichzeitiger Nutzung von Ressourcen für beide Akte stattgefunden hat (bitte angeben nach jeweiligen Kosten in den Bezirken und den Kosten auf Landesebene)?

Zu 6.: Eine zeitgleiche Durchführung der Bundestagswahl und des Volksentscheides über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung schied aus organisatorischen Gründen aus. Eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung machte es erforderlich, die Wahlen und Abstimmungen an getrennten Terminen stattfinden zu lassen.

Die Primärkosten für den Volksentscheid auf Landesebene betrugen rund 2,4 Mio. Euro. Aufgrund der fortgeschrittenen Verfahrensvorbereitungen für die Bundestagswahl hätte ein Großteil der Kosten auch bei einer Zusammenlegung der Ereignisse nicht vermieden werden können.

Hinzu traten Kosten für notwendig gewordene befristete Außeneinstellungen zur Unterstützung der Bezirkswahlämter im Umfang von rund 705.000 Euro sowie die Aufwendungen für die zwischenzeitlich erhöhten Erfrischungsgelder der ehrenamtlich Wahlhelfenden im Umfang von rund 420.000 Euro. Hierzu ist eine Kostenerstattung für die Bezirksämter im Rahmen der Basiskorrektur vorgesehen.

Weitere Kosten und Aufwendungen der Bezirksämter können nicht hinreichend abgegrenzt und beziffert werden (z. B. Transportund Mietkosten, Aufwendungen für den Einsatz des Stammpersonals des Bezirksamtes).

Berlin, den 17. Mai 2014

Frank Henkel
Senator für Inneres und Sport

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juni 2014)

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