Gemeinsam besser lernen

Archiv: 17. Wahlperiode (2011 - 2016)

Für den 22. April 2016 hatte die Fraktion DIE LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus zu einer öffentlichen Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse des bisherigen Abschlussberichtes der wissenschaftlichen Begleitung der Pilotphase Gemeinschaftsschule eingeladen. Dies war also für die Öffentlichkeit die erste Möglichkeit dazu, denn der Senat hatte  zuvor am 8. April 2016 nur  Presse und Vertreter*innen der Gemeinschaftsschulen eingeladen.

Ulrich Vieluf vom Hamburger Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfQB) präsentierte auf der Veranstaltung, der zahlreich vor allem Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen aus den Berliner Gemeinschaftsschulen aber auch Mitwirkende am runden Tisch Gemeinschaftsschule, Bildungspolitiker*innen von Bündnis 90 / Die Grünen, SPD und Piraten sowie Vertreter*innen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft gefolgt waren, bemerkenswerte Ergebnisse der Lernstandserhebungen. Sie bestätigen nicht nur bisherige Befunde der vorangegangenen Zwischenberichte der wissenschaftlichen Begleitung, was mitnichten als selbstverständlich zu erwarten war. Die aktuellen Resultate fallen auch noch deutlich besser aus. Die übergroße Mehrheit der Gemeinschaftsschulen erbringt klar den Nachweis dafür, dass es ihnen gelingt, den Bildungserfolg ihrer Schüler*innen von deren sozialer Herkunft abzukoppeln und sich zu Schulen für alle zu entwickeln, in denen alle erfolgreich lernen können: hochbegabte Kinder und wie auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

In den Lernstandserhebungen, die eine der beiden Teilstudien der wissenschaftlichen Begleitung sind, wurden die Lernfortschritte und die erreichten Lernstände zweier Schülerjahrgänge, einmal beginnend 2009 und einmal beginnend 2012,  von der 7. bis zur 9. bzw. 10. Jahrgangsstufe untersucht und miteinander verglichen. Untersucht wurden jeweils die Entwicklungen in den Bereichen Lesen, Orthografie, Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften. 10 der derzeit 24 Berliner Gemeinschaftsschulen waren an beiden Längsschnittuntersuchungen beteiligt und ermöglichten so den direkten Vergleich der Ergebnisse.

Bemerkenswert: Die Berliner Gemeinschaftsschulen haben im 2. untersuchten Jahrgang nicht nur größere Lernfortschritte und höhere Lernstände als im 1. untersuchten Jahrgang aufzuweisen. Sie haben auch in den bisher problematischen Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften aufgeholt und Defizite deutlich ausgeglichen. Dabei waren die sozialen Ausgangsbedingungen des 2. Jahrgangs z.T. schwieriger als die des 1. Jahrgangs.

Bemerkenswert darüber hinaus: Die Lernentwicklung und die erreichten Lernstände von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf zeigen, dass in Gemeinschaftsschulen Inklusion gelingt. Beide erreichten annähernd gleich große und in der zweiten Kohorte z.T. noch höhere  Lernzuwächse. Klassen mit Schülerinnen und Schülern mit Förderstatus (sog. I-Klassen) wiesen überwiegend höhere Lernzuwächse auf als so genannt Regelklassen.

Fazit: Die positiven Ergebnisse der Lernstandserhebungen stimmen nicht nur optimistisch. Sie signalisieren auch, dass in den Gemeinschaftsschulen in der Lern- und Unterrichtsentwicklung sowie –gestaltung etwas passiert sein muss, dass diese Entwicklung möglich macht. Dies ist hauptsächlich Gegenstand der anderen Teilstudie der wissenschaftlichen Begleitung, die die Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsentwicklung und den Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft an den Gemeinschaftsschulen untersucht.

In der Veranstaltung übernahmen drei Gemeinschaftsschulen den Part, darzustellen, welche Konzepte sie für den Umgang mit einer unterschiedlichen und vielfältigen Schülerschaft entwickelt haben und umsetzen. Schwerpunkt war dabei die Frage, wie Inklusion in den Berliner Gemeinschaftsschulen gelingen kann.

Ann-Katrin Schwindt und Andreas Hanika präsentierten das Konzept der Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule:  „Inklusion1:  Die heterogene Zusammensetzung der Schülerschaft nehmen wir als Chance für Inklusion an.“

Sabine Bartsch reflektierte den „Schwerpunkt Inklusion“ der Lina-Morgenstern-Gemeinschaftsschule an Fragen, wie sich „Struktur“ und „Haltung“ auf das Gelingen von Inklusion auswirken. Ausgangspunkt: „Die, die da sind, sind die Richtigen.“

Isabell Pein und Christos Christodoulou stellten das Konzept „Vier Säulen der Inklusion“ der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule vor. Diese Säulen sind: „Einzelförderung – (temporäre) Lerngruppen – Kooperation im Klassenraum – Beratung & Information“.  Ihr Leitmotiv: „Nicht das Kind muss sich der Schule anpassen, sondern die Schule muss sich dem Kind anpassen.“

In einer Abschlussrunde plädierte Claudia Ehrlich-Cypra für das Elternnetzwerk der Gemeinschaftsschulen dafür, die Gemeinschaftsschulen als Regelschulen in das Schulgesetz aufzunehmen und sie nicht nur als eine Spezialform der integrierten Sekundarschulen oder über eine Verordnung dauerhaft zu sichern. Robert Giese betonte für das Netzwerk der Gemeinschaftsschulen mehrfachen Handlungsbedarf. Alle Gemeinschaftsschulen brauchen eine eigene Grundstufe und am besten auch eine Sekundarstufe II. Sie brauchen mehr Zeit durch geringere Pflichtstundenzahl, in jedem Fall für die Grundschullehrkräfte, deren höhere Unterrichtsverpflichtung innerhalb eines Kollegiums nicht akzeptabel ist.

Für Ulrich Vieluf war es wichtig, dass es für die Erfahrungen der Gemeinschaftsschulen eines Wissenstransfers innerhalb und zwischen den Schulen bedarf. Es dürfe nicht vom Zufall abhängen, ob erfolgreiche Konzepte weitergegeben werden oder nicht!

Präsentationen

Ulrich Vieluf, Hamburger Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfQB)

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Die Ergebnisse beider Längsschnitterhebungen enthalten deutliche Hinweise darauf, dass sich das pädagogische und schulorganisatorische Rahmenkonzept des längeren gemeinsamen Lernens mit einem Schwerpunkt auf der schülerbezogenen Lern- und Förderplanung als tragfähig erweist.

Inklusion an der Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule

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„Inklusion: Die heterogene Zusammensetzung der Schüler*innenschaft nehmen wir als Chance für Inklusion an.“

Inklusion an der Paula-Fuerst-Gemeinschaftsschule

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INKLUSION: Nicht das Kind muss sich der Schule anpassen, sondern die Schule muss sich dem Kind anpassen.

Inklusion an der Lina-Morgenstern-Gemeinschaftsschule

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Inklusion heißt Solidarität

Solidarität ist das Anerkenntnis berechtigter Bedürfnisse aller nach Gleichheit und Gleichberechtigung