Sicher und bequem zu Fuß unterwegs

Fußverkehrsgesetz beschlossen

Die rot-rot-grüne Koalition hat mit dem Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 28. Januar 2021 das bundesweit erste Fußverkehrsgesetz beschlossen. Der Gesetzesteil ergänzt das bereits beschlossene Mobilitätsgesetz (allgemeiner Teil, ÖPNV, Radverkehr) und stellt erstmals die Interessen und die Bedürfnisse von Fußgängerinnen und Fußgängern in den Mittelpunkt. Viel zu lange spielte der Fußverkehr eine zu geringe Rolle, obwohl die Wege, die zu Fuß bewältigt werden, den größten Anteil an den zurückgelegten Wegen in Berlin ausmachen. Sieben Millionen Wege werden pro Tag in Berlin zu Fuß zurückgelegt. Wir alle – ob mit oder ohne Handicap, ob jung oder alt – nehmen am Fußverkehr teil. Deswegen wollen wir zu Fuß gehen für alle sicher und bequem machen. Gemeinsam mit ÖPNV und Radverkehr bildet der Fußverkehr den sogenannten Umweltverbund. Um die ökologische Verkehrswende weiter voranzubringen und das Klima zu schützen, räumen wir diesem Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr ein. Rot-Rot-Grün hat in einem 2018 gestarteten Partizipationsprozess die Inhalte des Gesetzes erarbeitet. Die Fraktionen haben den Gesetzesentwurf der Senatsverwaltung für Verkehr an verschiedenen Stellen weiter geschärft und schließlich ein umfassendes Gesetz verabschiedet. 

Die wichtigsten Inhalte:
  • Um das Überqueren von Straßen zu erleichtern und die Sicherheit zu erhöhen, sollen mehr Mittelinseln errichtet, Gehwegvorstreckungen ausgebaut und Bordsteine abgesenkt werden (in Kombination mit ertastbaren Elementen für Seheingeschränkte). Bei breiten Straßen soll die Grünphase der Ampeln künftig so lang sein, dass man nicht mehr auf der Mittelinsel warten muss.
  • Künftig soll an jedem Arm einer Kreuzung die direkte Querung für Zufußgehende möglich sein.
  • Für den Fußverkehr sollen besonders geeignete Räume eingerichtet und gefördert werden, in denen der Autoverkehr keine oder nur eine nachgeordnete Rolle spielt – wie zum Beispiel Spielstraßen oder Begegnungszonen.
  • Um Schulwege systematisch sicherer zu machen, erarbeiten die Senatsverwaltungen für Verkehr und für Bildung ein umfassendes Konzept für das schulische Mobilitätsmanagement unter Einbeziehung der Jugendverkehrsschulen. Auf Anforderung der Bezirke sollen pro Jahr mindestens zehn Gefahrenstellen pro Bezirk an Schulwegen angegangen werden. Das Projekt “Kinderstadtplan Berlin” soll verstetigt werden. Auch beim Neubau von Schulen wird stärker auf die Sicherheit der Schulwege geachtet.
  • In der Senatsverwaltung für Verkehr wird eine neue Koordinierungsstelle für den Fußverkehr eingerichtet. Jeder Bezirk erhält zudem zwei Vollzeitstellen nur für die Fußverkehrsplanung (analog zu den im Mobilitätsgesetz bereits festgelegten Stellen für Radverkehr).
  • Die Senatsverwaltung für Verkehr wird bis spätestens drei Jahre nach Verabschiedung des Gestzes einen Fußverkehrsplan für Berlin mit Zielvorgaben und konkreten Ausbauplänen erarbeiten.
  • Die Aufgaben und Befugnisse der BVG bei der Verkehrsüberwachung werden ausgeweitet: Die BVG darf jetzt auch Autos an temporär angeordneten Bussonderfahrstreifen, Haltestellen und Wendeanlagen abschleppen.
  • Radfahrende sind zum Beispiel an Bus- oder Straßenbahnhaltestellen an denen der Radweg über die Geh-, Warte- und Ein- und Ausstiegsbereiche führt, auf den Vorrang der ein- und aussteigenden Fahrgäste hinzuweisen.
  • Um neue Zebrastreifen schneller auf die Straße zu bringen und die Bezirke zu entlasten, kann die Verkehrsverwaltung künftig diese Aufgabe an sich ziehen. In der Zwischenzeit können Pop-up-Zebrastreifen zum Einsatz kommen.
  • Verankerung von Projekten zur Förderung des Fußverkehrs in den Bezirken.
Welche Änderungen hat DIE LINKE durchgesetzt?
  • Für uns war besonders wichtig, dass die Paragraphen für den Fußverkehr nicht hinter denen für den Radverkehr zurückfallen. Daher haben wir den Gesetzentwurf der Senatsverwaltung geändert und ambitionierte Ziele für den Erhalt und die Sanierung des Fußverkehrsnetzes festschreiben. Der Zustand von Bürgersteigen, Gehwegen, Zebrastreifen und co. wird nun berlinweit erfasst, die Ergebnisse veröffentlicht und Mängel an Gefahrenstellen unverzüglich beseitigt.
  • Gerade ältere Menschen und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sind auf sicheres und bequemes zu Fuß gehen angewiesen. Um längere Strecken zurücklegen zu können, brauchen sie auch Möglichkeiten zum Ausruhen. Deswegen haben wir ein Programm für die Aufstellung von Sitzbänken im Gesetz verankert.
  • Wir haben uns für mehr temporäre Spielstraßen eingesetzt. Das ist vor allem in Kiezen wichtig, in denen es nur wenig Platz zum Spielen gibt.
  • Barrierefreiheit für alle ist uns besonders wichtig: Um den unterschiedlichen Anforderungen, die sich mit den verschiedenen Hilfsmitteln (Rollator, Langstock, Rollstuhl etc.) ergeben, gerecht zu werden, sollen künftig an Ampeln und Kreuzungen grundsätzlich sogannte Doppelquerungen realisiert werden. Bordsteine werden an Übergängen so abgesenkt, dass sowohl Rollstuhlfahrer sie problemlos passieren können, Blinde daneben aber eine minimale Bordsteinkante vorfinden, die sie zur Orientierung brauchen. Ergänzt wird das durch Bodenindikatoren aus Rippen- und Noppenplatten.
  • Für die Barrierefreiheit von blinden- und seheingeschränkten Menschen in Grünflächen, muss die ertastbare Unterscheidung der Flächen (Geh- und Radwege) sichergestellt werden.
  • Alle Ampeln sollen bis 2030 flächendeckend mit Blindenakustik und Vibrationstastern ausgerüstet werden.
  • Um die Sicherheit für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen zu erhöhen, müssen Rad- und Gehwege grundsätzlich getrennt voneinander geführt werden. Radwege sollen vorzugsweise hinter Haltestellenbereichen des ÖPNV verlaufen.
  • Die Herstellung von Fußwegen zu Haltestellen des ÖPNV wird künftig priorisiert, denn wir alle sind auf sichere Wege zum Nahverkehr angewiesen.

Nun wird es drauf ankommen, das Gesetz mit Leben zu füllen und umzusetzen. Dem Fußverkehr in Berlin mehr Raum zu geben, ihn sicher und komfortabel für alle zu machen, ist eine Aufgabe, die wir weiter gemeinsam mit der Stadtgesellschaft engagiert angehen werden.