Niklas Schenker, Die Linke: Mietwucher wirkungsvoll verhindern!

Wohnen ist Daseinsvorsorge: Bezahlbare Mieten statt Mietwucher!

Rede von Niklas Schenker in der Priorität der Linken zu bezahlbaren Mieten

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Mietenbewegung!

Willkommen zurück! 12 000 Menschen von Jung bis Alt, von der Rentnerin bis zum Designer sind vergangenen Samstag auf der Straße gewesen, und im Mittelpunkt stand die wirklich wichtige Feststellung: „Die verdammte Miete ist zu hoch!“ Das muss sich ändern, und dafür war diese Demo am Samstag wirklich kraftvoll und sehr wichtig. – Vielen Dank an alle, die da waren!

Ja, wir erinnern uns: Als vor etwa einem Jahr der Regierende Bürgermeister Kai Wegner sagte, dass er sich auch einmal einschlägige Portale für Wohnungsinserate angeschaut hat und ihm bei den hohen Mieten, die dort aufgerufen wurden, ganz schummrig geworden ist, hat er eine Menge angekündigt. Sie wollten Mietwucher verfolgen, mit Bußgeldern drohten Sie, ganz konsequent wollten Siesein. Nun hat der Senat aber beschlossen: Es gibt gar keinen Mietenwahnsinn. Anders können wir uns nicht erklären, wenn wir Ihnen, Herr Gaebler, im Fachausschuss die Frage nach der Mietendemo stellen und Ihnen als Erstes einfällt, dass Berlin ja eigentlich doch gar nicht so teuer sei und die Leute sich das ein bisschen einbilden.

Weil Sie es noch nicht mitbekommen haben: Die Angebotsmieten in Berlin sind innerhalb eines Jahres um 27 Prozent gestiegen, und eine neue Darstellung des Berliner Mietervereins zeigt noch einmal, dass ein Drittel der Haushalte mittlerweile fast die Hälfte des Einkommens für die Mieten ausgibt. Obendrauf kommen die wirklich noch explodierenden Heizkosten. Für viele Menschen in dieser Stadt ist das Geld für eine viel zu teure Wohnung viel zu schnell weg und fehlt eben an anderer Stelle, etwa für einen ordentlichen Schulranzen oder ein vernünftiges Essen am Ende des Monats. Doch statt die Sorgen der Menschen dieser Stadt ernst zu nehmen, macht sich Bausenator Gaebler am Wochenende in der Abendschau – ich würde es so sagen – darüber lustig, dass die Mieterinnen und Mieter auf der Demo eigentlich für mehr Wohnungsbau auf die Straße hätten gehen sollen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie statt „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ auf Transparenten lieber „Bauen, bauen, bauen auf Baufilz“ gelesen hätten, aber ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen. Wenn die Miete steigt, die Wohnung aus der Sozialbindung fällt oder eine Eigenbedarfskündigung kommt, dann soll ganz einfach der nächste Kran um die Ecke kommen und ganz schnell eine Wohnung bauen? – Das ist doch wirklich lächerlich und kann ehrlich gesagt nicht ernst gemeint sein.

Lieber Herr Gaebler, vielleicht sollten Sie erst mal genau lesen, was die Demonstranten eigentlich möchten, bevor Sie im Fernsehen so eine steile These aufstellen. Eine Sprecherin des Bündnisses Mietenwahnsinn sagte dem Tagesspiegel am Wochenende – Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren: „Natürlich finden auch wir, dass … es Neubau braucht, aber wir sagen ganz klar: Neubau zu hundert Prozent kommunal, gemeinwohlorientiert und sozial.“

Damit hat sie ganz einfach recht.

Der freifinanzierte Neubau leistet keinen Beitrag, die bezahlbaren Wohnungen bereitzustellen, die wir tatsächlich brauchen. Das zeigt jetzt auch noch einmal der neue Mietspiegel. Im Mietspiegel ist ausgewiesen: Für eine 60-Quadratmeter-Wohnung werden gerade Kaltmieten zwischen 1 000 bis 1 500 Euro aufgerufen. Das zeigt doch wirklich ganz deutlich – es gibt auch eine gute Auswertung von Andrej Holm im neuen MieterEcho; kann man sich gerne mal anschauen –, dass wirklich nur ein ganz geringer Bruchteil des Wohnungsneubaus seit 2014 tatsächlich in den leistbaren Bereich fällt. Deswegen ist doch wirklich klar, dass Ihre alleinige Strategie des „Bauen, Bauen, Bauen“ gescheitert ist. Der neue Mietspiegel ist dafür ein weiterer Beleg.

Ja, wir müssen bezahlbar bauen, aber vor allem müssen wir etwas gegen die völlig überhöhten Mieten machen. Deswegen eben auch unser Antrag: Mietwucher verfolgen und stoppen. Im Jahr 2022 hat der Berliner Mieterverein knapp 1 000 Fälle aus der eigenen Praxis untersucht und ist zum Ergebnis gekommen: 98 Prozent dieser Fälle wiesen eine gesetzeswidrig hohe Miete auf, und in der Hälfte der Fälle wurde die Miete sogar um mehr als 50 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete angesetzt, verstößt also ganz eindeutig gegen Mietwuchergesetze. Gegen solche dreisten Vermieter kann und muss Berlin vorgehen. Grundlage dafür ist § 5 Wirtschaftsstrafgesetz, der es erlaubt, Mieten, die mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, als Ordnungswidrigkeit einzustufen, mit einer Strafe zu belegen und dann auch abzusenken. Das Verfahren ist sicherlich nicht ganz einfach, aber das haben wir auch im Antrag beschrieben.

Die Stadt Frankfurt am Main geht damit sehr erfolgreich um. Auch Friedrichshain-Kreuzberg hat eine eigene Stelle dafür eingerichtet, und es wäre nun wirklich entscheidend wichtig, dass der Senat mal die Ansage an die Bezirke macht: Wir unterstützen euch in diesem Verfahren.

Unser Antrag ist auch eine Einladung an die Mieterinnen und Mieter in unserer Stadt. Einige Bezirksämter haben jetzt auch schon damit angefangen, die Infos auf die Webseite zu stellen. Prüfen Sie, ob Ihre Mieter die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt! Melden Sie dies Ihrem bezirklichen Wohnungsamt, und Die Linke nebenan ist auf jeden Fall auch gerne beim weiteren Verfahren behilflich.

Natürlich werden die CDU- und SPD-Fraktion unseren Antrag heute ablehnen. Die SPD-Fraktion wird wieder sagen, sie fände das zwar irgendwie alles ganz wichtig, aber das sei Aufgabe der Bezirke. Das finde ich interessant, denn Sie haben ja kein Problem damit, wenn es darum geht, Investorenbauprojekte möglichst schnell durchzubringen, und wenn die Bezirke nicht bei drei alle Investorenwünsche erfüllen, die Bezirke zu entmachten. Ausgerechnet beim Mieterschutz pochen Sie auf einmal auf die Zuständigkeit der Bezirke. Ich finde, das ist selbstentlarvend.

Tja, und die CDU? Kollege Nas, der ist, glaube ich, gleich dran, wird uns heute wieder erklären, dass die Koalition die Mittel für die Mieterberatung aufgestockt hat und dass sie überhaupt ganz viel tut. Lieber Herr Nas, wir wissen, dass Sie nichts tun. Sie wissen, dass Sie nichts tun. Ich würde sagen, wenn man von der Welt nichts mehr erwartet, keinen Sinn, keine Veränderung und schon gar kein Aufbegehren, dann bleibt immerhin noch ein Leben in fröhlicher Trivialität. Die Mieterinnen und Mieter in Berlin können sich davon leider nichts leisten.