Berlin übernimmt Verantwortung für seine koloniale Vergangenheit

Gemeinsame Presseerklärung der SPD-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus

2019 jährt sich das formale Ende des deutschen Kolonialismus zum hundertsten Mal. Die rot-rot-grüne Koalition will mit dem vorliegenden Antrag erreichen, dass Berlin seiner Verantwortung als ehemalige Hauptstadt des Deutschen Kolonialreiches endlich gerecht wird - einschließlich der in seinem Namen begangenen Gewalt und Verbrechen, bis hin zum Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia.

Der Senat soll deshalb ressortübergreifend und in Zusammenarbeit mit der organisierten Zivilgesellschaft sowie betroffenen Institutionen ein gesamtstädtisches Aufarbeitungs- und Erinnerungskonzept erarbeiten. Ziel ist es, die  Auseinandersetzung mit der eigenen Kolonialvergangenheit zu intensivieren und würdige Formen des gemeinsamen Erinnerns und Gedenkens zu entwickeln. Das Konzept soll die Bereiche Kultur, Bildung, Wissenschaft und Forschung ebenso umfassen, wie eine Reaktivierung der Städtepartnerschaft mit Windhoek (Namibia). Gleichzeitig sollen die Nach- und Langzeitwirkungen berücksichtigt werden, welche die koloniale Vergangenheit hierzulande wie in den ehemaligen deutschen Kolonien bis in die Gegenwart hinterlassen hat.

Hierzu erklären die kulturpolitischen Sprecher*innen:

Frank Jahnke (SPD-Fraktion): „Die Frage eines anderen Umgangs mit der kolonialen Vergangenheit und der Restitution von Raubkunst wird in Deutschland wie auch in anderen Ländern Europas neu diskutiert. Für Berlin als der deutschen Hauptstadt, wo die sog. "Kongo-Konferenz" stattfand und der deutsche Kolonialismus seinen Ausgang nahm, ergibt sich hieraus eine besondere Verpflichtung. Die Überwindung der eurozentrischen Weltsicht, der Wunsch nach Dialog mit den Ländern Afrikas und die Reflexion der eigenen Schuld steht für die rot-rot-grüne Koalition am Anfang eines längerfristigen Prozesses der Aussöhnung und der wirtschaftlichen wie kulturellen Kooperation mit den einst kolonialisierten Völkern.

Regina Kittler (Fraktion DIE LINKE): „Der Völkermord an den Herero und Nama muss nicht nur so benannt werden, sondern auch zur Entschuldigung bei den Nachfahren der Opfer und zu Reparationen als symbolische und materielle Wiedergutmachung führen. Verantwortung für die koloniale Vergangenheit zu übernehmen heißt auch, sich mit heutigem Rassismus und Diskriminierung auseinanderzusetzen.“

Daniel Wesener (Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen): „Die Debatten über das Humboldt Forum, die Rückgabe von Raubkunst oder die Umbenennung von Straßennamen zeigen, dass eine gründliche und umfassende Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit überfällig ist. Wir wollen ein gesamtstädtisches Erinnerungskonzept, einschließlich einer zentralen Gedenkstätte an die Opfer der deutschen Kolonialverbrechen als Lern- und Erinnerungsort in Berlin.“

Am 4. April bringt R2G dazu den Antrag  Drucksache 18/1788 in die Plenarsitung ein.

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