Katastrophenschutz in Berlin

38. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 7. März 2019

Niklas Schrader (LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller von der FDP fordern eine Verbesserung des Katastrophenschutzes in Berlin. Das ist ohne Zweifel eine wichtige Sache. Es ist auch gut, dass wir heute darüber reden.

Inhaltlich, muss ich sagen, gibt der Antrag jetzt nicht ganz so viel her. Da steht eigentlich nur, dass der Senat jetzt mal bitte alles besser machen soll, bessere Rahmenbedingungen, bessere Technik, mehr Reserven. So weit, so dünn, aber gut, die Intention ist schon einmal nicht verkehrt.

Der Antrag ist auch nicht so ganz präzise. Aber ich will nicht kleinlich sein. Sie geben an in der Begründung, dass es auch um den Stromausfall in Köpenick geht. Der war gerade kein Katastrophenfall. Zum Glück! Dieser Stromausfall konnte mit einer großen Kraftanstrengung von Behörden und Hilfsorganisationen, von Ehrenamtlichen und auch mit einer sehr bemerkenswerten Solidarität der Menschen untereinander im Großen und Ganzen bewältigt werden. Aber, da würde ich den Antragstellern dann auch recht geben, für solche Szenarien müssen wir besser vorbereitet sein. Das ist völlig klar.

Es hat sich gezeigt, dass es an zwei Fronten Defizite gibt. Zum einen macht sich natürlich der über Jahre angelaufene Investitionsstau gerade in solch einer Situation besonders bemerkbar. Wenn sich dann eben zeigt, dass viele Freiwillige Feuerwehren über gar keine Notstromaggregate verfügen, ist das eben eine Folge von jahrelangem Sparen bei den Investitionen. Und wenn es zu wenig Einsatzfahrzeuge gibt oder zu wenig Ausstattung in Krankenhäusern, dann ist auch das eine Folge jahrelangen Sparens bei Investitionen. Das ist völlig richtig. Aber da ist es schon ein bisschen bizarr, dass jetzt die FDP am lautesten schreit, weil es die Partei ist, die eher für Privatisierungen steht als für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur.

Es ist auch die Partei, die über Steuergeschenke dem Staat genau die Investitionsmittel vorenthalten will, die wir jetzt brauchen für solche Dinge. Das macht Sie nicht wirklich glaubwürdig, liebe FDP.

Notstromversorgung bei der Feuerwehr, bei Krankenhäusern, Einsatzfahrzeugen, Gebäuden, Funkgeräten und so weiter und so fort, es fehlt an vielem. Dieser Investitionsstau muss abgebaut werden. Es ist aber auch keine ganz neue Erkenntnis. Es wurde schon gesagt, wir haben endlich auch angefangen, wieder richtig zu investieren, aber es geht eben auch nicht von heute auf morgen, dass man aus der Mangelwirtschaft wieder herauskommt. Natürlich muss man dann spontan nach bestimmten Erfahrungen, wie wir sie jetzt in Köpenick hatten, schauen, wie man an bestimmten Dingen, an bestimmten Punkten ad hoc spontan nachsteuert. Insofern begrüße ich die Ankündigung des Innensenators, jetzt ganz akut etwas für Funkgeräte bereitzustellen.

Das zweite Thema, über das wir hier reden müssen, sind kritische Infrastrukturen. Dazu gehören natürlich auch die Energienetze. Wenn diese Infrastrukturen anfällig sind, sind wir eben auch anfälliger für Katastrophenfälle. Wir geraten in Schwierigkeiten. Da haben sich viele auch schon zu Recht die Frage gestellt, wie es sein kann, dass die Stromversorgung eines gesamten Stadtteils von zwei Kabeln abhängt, die über die gleiche Brücke führen.

Ich finde, eine solche Anfälligkeit darf es nicht geben. Da sind wir natürlich ganz schnell bei der Diskussion um das Stromnetz.

Da würde ich schon sagen, dass es ein wichtiger Unterschied ist, meine Damen und Herren von der FDP, ob ein Stromnetz von einem privaten Konzern betrieben wird, mit dem Ziel, den größtmöglichen Profit zu erwirtschaften, oder von der öffentlichen Hand, mit dem Ziel, die bestmögliche Versorgung herzustellen.

Es ist doch völlig klar: Je besser wir kritische Infrastrukturen schützen und stabil halten, umso besser ist der Schutz vor Katastrophenfällen.

Da hört die Diskussion beim Thema Strom und Energie natürlich nicht auf. Da müssen wir an Verkehr denken – das ist heute auch schon genannt worden –, S-Bahn und so weiter. Da müssen wir an die Wasserversorgung denken oder, zum Beispiel ganz wichtig, an die IT-Infra­struktur. Gerade bei letzterem steht uns schon noch ein ganz langer Weg bevor.

Sie sehen also, das Thema wird größer, komplizierter, je mehr man sich damit befasst. Deswegen freue ich mich auch auf die Ausschussberatung, denn das, was die FDP hier vorlegt, ist jetzt erst einmal ein ganz guter Aufschlag für die Diskussion, ist mir dann aber inhaltlich doch noch ein bisschen dünn. Vielleicht können wir das dann im Ausschuss noch ein bisschen anfüttern. – Bis dahin vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!