Flughafen Tegel in der Coronakrise

VerkehrCarsten Schatz

57. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 02. April 2020

Zu "Kein Coronamissbrauch: Tegel nicht schließen! Kritische Infrastruktur erhalten!" (Priorität der AfD-Fraktion)

Carsten Schatz (LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Auch bei diesem Antrag zum Komplex Flughafen Tegel gilt wie so oft bei den AfD-Anträgen: Sie haben immer noch nicht zur Kenntnis genommen, dass Berlin nicht alleiniger Eigentümer dieser Flughafengesellschaft ist. Es gibt drei Gesellschafter. Es gibt den Bund und das Land Brandenburg, und ich habe mir mal die Mühe gemacht und geguckt: Haben Sie solche Anträge auch im Bundestag oder im Landtag Brandenburg gestellt? – Nein, haben Sie nicht, nur hier wieder. Da zeigt sich doch: Das ist Theaterdonner sondergleichen.

Drei Gedanken will ich zu diesem Antrag verschwenden. Ich finde erstens, dieser Antrag ist, wie so häufig bei Ihnen, Fake-News. Sie behaupten, der Senat wird aufgefordert, seine Pläne aufzugeben – von den Plänen des Senats weiß ich nichts. Auch aus der Antwort von Senator Kollatz aus der letzten Abgeordnetenhaussitzung kann ich nicht entnehmen, dass es die Pläne des Senats sind. Was wir wissen, ist, dass die Flughafengesellschaft eigenverantwortlich entschieden hat, betriebswirtschaftlich zu gucken, ob es sinnvoll ist, den Flughafen Tegel in der jetzigen Situation zu schließen, und damit Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung befasst hat.

Eine Entscheidung ist am Montag gefasst worden, und Sie haben sich dann mal wieder, wie so häufig, laut brüllend hinter den fahrenden Zug geworfen – herzlichen Glückwunsch dazu.

Zweitens: Diese Pläne der Flughafengesellschaft haben ihre Gründe. Der Flugverkehr ist zusammengebrochen, und ich habe mal auf Flightradar die Zahlen rausgesucht – dann können Sie sich einfach mal an den Fakten entlanghangeln.

Am 3. März, vor der Krise: 241 geplante Flüge, 235 durchgeführte; gestern, vier Wochen später: noch 132 ge­plante Flüge, durchgeführte: 16. – Wozu braucht man eine solche Infrastruktur, die im Moment nicht genutzt wird, wenn ein Standort tatsächlich reichen würde, um den Flugverkehr im Moment abzusichern?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Für danach!]

Krähen Sie gerne weiter! – Sie haben es selber geschrieben – woher Sie das wissen, weiß ich auch nicht –: Der Flughafen Orly hat gestern geschlossen.

Immerhin auch ein 30 Millionen Airport in Paris. Er hat gestern geschlossen, weil Charles de Gaulle in Paris alles alleine absichern kann – so wie der Flughafen Schönefeld das am Standort hier auch absichern könnte

Drittens: Sie reden von kritischer Infrastruktur. Ausgerechnet Sie, die Partei des westdeutschen Wohlstandschauvinismus, die endlos gegen die Vergemeinschaftung von Schulden gewettert hat. Damals in der Eurokrise haben Sie sich gegründet, haben das Austeritätsregime gegen den europäischen Süden gestützt und stützen es weiterhin, also dieses Regime, das Krankenhäuser und Gesundheitswesen dort zerstört oder privatisiert hat, dort, wo wir jetzt die Ergebnisse dieser Situation sehen, reden Sie von Flughäfen als kritischer Infrastruktur. Wissen Sie, dazu gehören für mich auch Krankenhäuser. Ihre Argumentation ist für mich an dieser Stelle trumplike. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Im Übrigen bin ich der Ansicht, –

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hansel?

Carsten Schatz (LINKE):

– dass die Fraktion rechts außen zur Aufhellung der dunklen Finanzquellen ihrer Partei beitragen sollte.