Rigaer 94: Kein nachgewiesener Eigentümer bekannt

Innere SicherheitNiklas Schrader

64. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 1. Oktober 2020

Zu "Rigaer Straße 94: Geltendes Recht durchsetzen, Gefahr für Leib und Leben abwenden" (Priorität der Fraktion der CDU)

Niklas Schrader (LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe CDU-Fraktion! Sie fordern in Ihrem Antrag den Senat auf, im Rahmen der Bezirksaufsicht diesen ganzen Vorgang zu prüfen, und das tut er bereits, wie der Senator heute in der Fragestunde schon erklärt hat.

Insofern hat sich der Antrag durch Handeln des Senats erledigt, denn Sie fordern nicht, dass er die Polizei ruft und sofort da einreitet, sondern Sie fordern, dass er prüfen soll. Ihre Rede hat sich eher so angehört, als hätten Sie persönlich diese Prüfung der Bezirksaufsicht schon abgeschlossen.

Wenn wir hier wirklich so abstimmen sollen, wie Sie es wollen, dann hätten Sie etwas anderes fordern müssen.

Es geht hier um die Frage, inwieweit das Bezirksamt hätte vorgehen müssen angesichts der bekannt gewordenen Mängel. Ich glaube, es steht außer Zweifel, dass es dort Mängel beim Brandschutz gegeben hat in der Rigaer Straße 94. Ich glaube aber, die Frage ist noch offen, wie groß diese waren und inwieweit wirklich Gefahr im Verzug bestand, inwieweit die Wohnungen dadurch unbewohnbar werden. Das ist auch nach der medialen Berichterstattung nicht ganz klar.

Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Niklas Schrader (LINKE):

Nein!

Ebenso wenig ist klar, inwieweit nach Gesprächen mit dem Anwalt der Bewohnerschaft Mängel behoben worden sind und inwieweit das dokumentiert ist, aber das wird nun geprüft. – Ein zentrales Problem lassen Sie, Herr Dregger, und viele andere auch, gerne unter den Tisch fallen. Für die Beseitigung baulicher Mängel ist zuallererst der Eigentümer verantwortlich.

Und es steht fest, Herr Dregger, der muss zuallererst vom Bezirksamt in Anspruch genommen werden, aber für dieses Haus gibt es keinen nachgewiesenen Eigentümer.

Viermal hat der selbsternannte Eigentümeranwalt es vor Gericht versucht. Viermal konnte das Gericht nicht feststellen, wer hinter der Briefkastenfirma „Lafone Investment“ steht. Viermal hat das Gericht festgestellt, dass die Vertretungsberechtigung nicht geklärt ist. Viermal gab es keinen Vollstreckungstitel für irgendeine Maßnahme. Da steht das Bezirksamt vor einem zentralen Problem. Das dürfen Sie nicht unter den Tisch fallen lassen, nämlich, wenn es gegen Brandschutzmängel vorgehen will, dann muss es gegen einen Eigentümer vorgehen, den es nicht gibt.

Bei aller berechtigten Kritik, bei aller berechtigten Empörung über das Verhalten der Bewohnerschaft oder Teilen davon in diesem Haus sich als angeblicher Vertreter eines Eigentümers hinzustellen oder als angeblich beauftragte Hausverwaltung, und zu beklagen, dass man nicht ins Haus kommt und dass einem die Behörden dabei nicht helfen, aber gleichzeitig die Eigentumsverhältnisse vor Gericht nicht offen zu legen, das ist ein unehrliches Spiel, finde ich.

Und wer an einem Tag nach dem Rechtsstaat ruft, der kann mich am nächsten fordern, ihn zu umgehen, wenn es ihm gerade in den Kram passt.

Deswegen sage ich: Wenn es Leute gibt, die tatsächlich berechtigt sind, über dieses Haus zu verfügen, dann sollen sie bitte die Karten auf den Tisch legen, zum Gericht gehen und sich einen Titel holen. Das kann ja wohl nicht so schwer sein, wenn alles mit rechten Dingen zugeht.

Ohne Titel reingehen, so wie Sie jetzt geklungen haben, Herr Dregger – das hat Herr Henkel schon probiert, und das ist bekanntlich vom Gericht als rechtswidrig festgestellt worden.

Dieses Problem können Sie nicht wegdiskutieren und auch nicht unter den Tisch fallen lassen. Wenn der Bezirk keinen Ansprechpartner hat auf Eigentümerseite, dann bleibt ihm die Möglichkeit, selbst vorzugehen und sich Zugang zum Haus zu verschaffen, mit Amtshilfe und allem Drum und Dran.

Aber das muss auch nach einem rechtsstaatlichen Vorgehen ablaufen, und das ist eine Ermessensentscheidung, in die viele Aspekte einfließen, unter anderem die Verhältnismäßigkeit. Das hat das Bezirksamt getan, und ob es das richtig getan hat, wird, wie gesagt, geprüft, wie uns der Innensenator gesagt hat.

Da ist es natürlich möglich, dass die Ermessensentscheidung anders ausgefallen ist, als die CDU-Fraktion es sich vorstellt. Aber das alleine kann kein Grund sein, die Entscheidung zu revidieren.

Der ganze Vorgang wird geprüft; der Innensenator hat das gesagt.

Wir können auf das Ergebnis gespannt sein, und bis dahin würde ich allen raten, Ihnen ganz besonders, Herr Dregger, da mal ein bisschen abzurüsten. – Vielen Dank!